Und wieder meine Schimmelphobie

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cosima
Beiträge: 7
Registriert: Mi 18. Apr 2018, 22:21

Und wieder meine Schimmelphobie

Beitrag von cosima »

Hallo,
eines meiner großen Probleme ist, dass ich als Onlinehändlerin ständig Angst habe, einem meiner Kunden irgendetwas zu schicken, was ihm schaden könnte.
Aus dem Grunde sehe ich ständig irgendetwas an irgendwelchen Artikeln.
Heute sollte ich eine Zahndose versenden. Ich nahm sie aus dem Karton und irgendwie war ein Staubflusen daran, den ich einfach mit der Hand weggewischt habe.
Ich verpackte die Dose und dann schoß es in meinen Kopf. Was wenn das jetzt kein Staubflusen war, sondern Schimmel.
Ich sagte mir dann, wenn das jetzt tatsächlich Schimmel gewesen sein sollte, der schon so geflust hat, wie Staub, dann müsste man doch am Holz der Dose auch etwas sehen.
Also Dose wieder ausgepackt - nix gefunden.
Aber Betroffene kennen das ja. Der Gedanke sitzt fest. Ich hab die Dose nicht los geschickt.
Nun überlege ich, ob ich sie mit Stirilium abwische. Dann hab ich wieder Angst, dass dadurch die Feuchtigkeit ins Holz zieht und sie deswegen schimmelt.
Es ist ein Teufelskreis.
Danke fürs Lesen und liebe Grüße
cosima
Miranda_L

Re: Und wieder meine Schimmelphobie

Beitrag von Miranda_L »

Hallo cosina,

in meiner "heissen Phase", was die Zwänge und Ängste angeht, hatte ich ähnliche Bedenken.
Bei mir war es vor allem die Angst, dass die Kinder von Freunden und Bekannten durch meine Unachtsamkeit schaden nehmen können.

Irgendwann hat mich dann mal eine Freundin beiseite kenommen und hat gesagt: "Du brauchst auf meine Kinder nicht aufpassen. Meine Kinder können auf sich selbst aufpassen."
Und da hat es bei mir irgendwie 'klick' gemacht. Wenn Kinder im Kindergartenalter auf sich selbst aufpassen können, können das Erwachsene erst recht. Das muss ich nicht tun.

In deinem Fall heisst das: Der Kunde wird sich schon beschweren wenn die Ware komisch ist. Denn er kann auf sich selbst aufpassen. Und im Zweifelsfall haben wir Menschen ein sehr effektives Werkzeug gegen natürliche Gefahren wie Schimmel und Bakterien. Das Immunsystem.
Das Immunsystem ist sogar in der Lage, Krebszellen zu zerstören. Deswegen ist es sogar sinnvoll, zuzulassen, dass man mit geringen Mengen von Viren, Bakterien, Schimmel ... etc in Berührung kommt, damit es im Ernstfall auch gegen diese Bedrohungen ankämpfen kann.
Ein übermäßiger Einsatz von Desinfektionsmitteln ist unter anderem auch deswegen eher schädlich als nützlich.

Alles Gute
Miranda
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OCD-Marie
Beiträge: 262
Registriert: Di 17. Apr 2018, 19:44

Re: Und wieder meine Schimmelphobie

Beitrag von OCD-Marie »

So ist das...

Außerdem: Schimmel / -Sporen sind schlicht überall. Auf deiner Kleidung, deinen Möbeln, den Regalen, an den Wänden, in der Wiese und den Gärten vor deinem Haus, in der Luft... Da gibt es absolut kein Entkommen ! Für niemanden.

Rational betrachtet sind deine Bemühungen daher völlig nutzlos...
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Yorge
Beiträge: 333
Registriert: Fr 1. Jun 2018, 23:36

Und wieder Befürchtungen

Beitrag von Yorge »

Ich stimme dem zu, dass es ziemlich sicher für die (v.a. auch seelische) Gesundheit insgesamt gesünder wäre, sich zu erlauben in dem Fall dem Zwang nicht nachzugeben. Und ja, diese vermutete geringe Menge Schimmel wird höchstwahrscheinlich niemandem Schaden.
Was mir nicht so gefällt - und das habe ich ja auch bei den Angehörigen in letzter Zeit zu vermitteln versucht: Zu versuchen den Zwängler von seinen Zwängen abzuhalten indem man ihr/m die befürchteten Konsequenzen seines Zwangsverhaltens immer wieder aufzeigt. Insbesondere, wenn gar nicht sicher ist, dass das wirklich passiert. In diesem Fall, dass man durch derartiges “Dekontaminieren“ tatsächlich eine schwächere Immunabwehr bekommt und bei den Angehörigen gings darum inwieweit Kinder durchs Mitansehen und teilw. Mitmachen-müssen auch eine Zwangsstörung bekommen.
Es mag schon sein, dass sich ein Zwangskranker leichter mal aus Angst zum Nicht-Zwängeln zwingen lässt - aber das ist ja nicht das, was wir nachhaltig erreichen wollen. Oder?
Zuletzt geändert von Yorge am Di 14. Mai 2019, 22:36, insgesamt 1-mal geändert.
Das gute Leben .. ist eine Richtung, kein Ziel. [Carl Rogers]
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OCD-Marie
Beiträge: 262
Registriert: Di 17. Apr 2018, 19:44

Re: Und wieder meine Schimmelphobie

Beitrag von OCD-Marie »

Es geht doch nicht um´s Angst-Machen.

Aber dass er sich u.U. selbst schadet durch die Zwangs-Handlungen, das muss ein Zwängler aushalten können (lernen).
Und vor allem: das kann auch helfen, die Zwangs-Sicht wieder etwas mehr in Richtung "gesunder Blickwinkel" zurecht zu rücken.
Miranda_L

Re: Und wieder meine Schimmelphobie

Beitrag von Miranda_L »

Allein diese Diskrepanz zwischen realen Gefahren und den zwanghaft übertriebenen ist interessant:

Wir waschen uns -zig mal die Hände, berauben dabei unserer Haut die Schutzschicht und sorgen dafür, dass die Haut rissig und gereizt ist.
Damit gewähren wir den gefürchteten Bakterien und Schadstoffen gleich mehrere Angriffspunkte.
Bakterien sorgen unter anderem dafür, dass unser Organismus geschützt wird, indem sie andere, für uns gefährlichere Bakterien fressen, bzw. Schadstoffe zersetzen und unser Immunsystem stärken, im Verdauungstrakt sogar dafür sorgen, dass wir Nahrung verdauen können, die unser Körper allein nicht zersetzen könnte.

Wir gehen mit frisch gewaschenen Händen nach draussen und vergessen, dass gerade unsere geschundene Haut der Sonne wenig entgegenzusetzen hat. Damit erhöhen wir zugunsten von übertriebenen Ängsten unser Hautkrebsrisiko.

Wir benutzen Desinfektionsmittel obwohl wir keine Immunschwäche haben, niemand in der Familie Magen- und Darmgrippe hat und auch sonst keine Epidemie ausgebrochen ist. Damit setzen wir uns grundlos dem Risiko all der Inhaltsstoffe aus, die sich in dem Desinfektionsmittel befinden. Ausserdem schaden wir damit unserem Immunsystem, forcieren vielleicht sogar Allergien bei uns und unseren Lieben.

Wir vermeiden aus Angst vor Krankeiten von Erkältung bis hin zum Krebs den Kontakt mit der Aussenwelt und verhindern damit, dass sich unser Immunsystem gegen all diese Dinge wappnen kann.

Wir vermeiden es, das Treppengeländer anzufassen, selbst wenn die Beschaffenheit der Treppe das eigentlich notwendig machen würde ...

Wir essen immer weniger Nahrungsmittel, weil wir Angst vor bestimmten Inhaltsstoffen haben und verhindern damit eigentlich das, was uns davor bewahrt, Schaden durch Inhaltsstoffe zu nehmen. Nämlich eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung.

Wir schränken unsere Welt und die unserer Lieben ein, aus Angst sie zu verlieren und treiben sie dadurch immer weiter von und weg.

... und ... und... und ...
... wer sich in diesen Beispielen nicht irgendwo wiederfindet, findet sich wahrscheinlich in Situationen mit ähnlichem Charakter mit ähnlichen Widersprüchlichkeiten wieder.

An sich machen wir aus Angst vor Etwas, oftmals Dinge, die dieses Etwas noch begünstigen.

Ich denke, dieser Umstand ist hin und wieder einen Gedanken wert. Auch wenn er nicht gerade angenehm ist.

Liebe Grüße
Miranda
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