Zählzwang , Hilfe

Silvia
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Re: Zählzwang , Hilfe

Beitrag von Silvia »

.... diesen Balanceakt hinzubekommen, ist gar nicht so einfach.
Ich stelle das jetzt immer wieder aufs Neue fest, um so mehr ich gegen den Zwang ankomme.

Sich selbst so zu akzeptieren, wie man eben (gerade) ist, aber zugleich den/ die anderen in seinem Sein zu belassen.

Bei mir (und bestimmt bei vielen anderen hier im Forum) kommt aber dann hinzu, dass wenn ich mich gerade mal wieder gefunden und die Situation akzeptiert habe, von außen Kritik und Änderungswünsche/ Forderungen kommen.
Und dieser Umstand erschwert mein Tun ganz schön, in dem ich immer wieder damit konfrontiert werde, was ich immer noch nicht alles schaffe und umsetzen kann.
Die Dinge, die wieder Normalität geworden sind und sich im Alltag gefestigt haben, sind von den anderen, ganz schnell vergessen.
Weil es ja eben Normal ist.
Nichts kann existieren ohne Ordnung,
nichts entstehen ohne Chaos.
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Yorge
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ich bin ok

Beitrag von Yorge »

Es ist schön, dass wir so gut einander verstehen - ich kann echt gut nachvollziehen, was du meinst. Da gibt es etwas ganz fundamentales, was uns, egal was passiert, sagen sollte: Ich bin ok, ich bin liebenswert. So wie ich jetzt bin, passt das und daran brauche ich nichts ändern. Es gibt keine Bedingung, die ich erfüllen müsste, um in Ordnung zu sein. - Und trotzdem werden wir uns selbst und andere uns immer wieder fordern und uns dazu ermutigen (manchmal auch drängen) uns zu ändern und uns weiter zu entwickeln. Das gehört einfach zum Leben dazu. Und, wie lässt sich das miteinander vereinbaren - die bedingungslose Selbstakzeptanz und sich verändern/weiterentwickeln? Da scheint ja schon ein großes Verlangen in uns zu sein nach Veränderung, nach Weiterentwicklung und auch danach für andere (vor allem für unsere Liebsten) so bedeutend zu sein, dass es denen nicht egal ist, wenn wir in einem Zustand der Leiden bringt , verharren. Ja, auch das, dass wir uns ändern wollen (natürlich nur in dem Ausmaß, wie uns das gerade möglich ist), das gilt es auch zu akzeptieren.
Und zur Normalität: Ich finde es auch sehr wichtig, das Geschaffte zu schätzen - auf jeden Fall (Stichwort: Erfolgstagebuch - muss ja nicht schriftlich sein - auch gedanklich, sich seine Erfolge bewusst machen ist sicherlich gesund). Allerdings ist es ja letzten Endes das eigentliche Ziel, dass Normales wieder zur Normalität wird. Wenn z.B. das bei dir mit dem Wasserkocher oder bei mir das Tanken ganz selbstverständlich wieder getan wird, dann merken es dir anderen vielleicht gar nicht mehr (bewusst) - aber, wenn dir das auffällt, dass du was machst/machen lässt, was früher gar nicht ging - und das gelingt fast unbemerkt, dann kannst du dich, ganz für dich selbst, umso mehr freuen - damit ist ja das eigentliche Ziel erreicht .. und eigentlich mindestens genauso bedeutend wie großartige aufregende Expos. Auch ich möchte dazu einladen, mehr auch das als wertvoll anzuerkennen, was mit Ruhe gelingt.
Das gute Leben .. ist eine Richtung, kein Ziel. [Carl Rogers]
Silvia
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Re: Zählzwang , Hilfe

Beitrag von Silvia »

Was ich auch immer wieder feststelle ist,
dass mir die Dinge die ich in Ruhe und ganz bewusst angehe, gelingen.
Dinge, zu denen ich gedrängt werde, oder Dinge, die ich in einer Expo versuche zu erlernen, klappen meist weniger gut/ weniger nachhaltig.
Ich glaube, da bin ich dann wieder an einem Punkt angekommen, wo es eben keinen Sinn macht weiter zu machen. Wo ich eben den Zwang noch brauche und noch nicht loslassen kann.
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Yorge
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Dauertherapie

Beitrag von Yorge »

Die "therapeutischen" (z.T. schon auch etwas fremd-angeleiteten) Expos haben mir schon auch geholfen, zu lernen aus der Eigensinnigkeit raus zu kommen. Ich mache jetzt aber eigentlich ständig kleine Expos fast alleine. Und was größeres wieder mal anzugehen, da werde ich wieder mehr Hilfe brauchen. Eine chronische Herausforderung - so nenne ich das mal - braucht auch eine ähnlich geartete Behandlung.
Das gute Leben .. ist eine Richtung, kein Ziel. [Carl Rogers]
Sonja
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Re: Zählzwang , Hilfe

Beitrag von Sonja »

OCD-Marie hat geschrieben: Do 25. Jul 2019, 21:11
Sonja hat geschrieben: Do 25. Jul 2019, 19:19 Manchmal habe ich das Gefühl, sie kann bestimmte Dinge nicht nur nicht anfassen, sondern auch nicht ändern. :(
Nun, vielleicht hat sie da einfach andere Prioritäten als ihr. Auf den ersten Blick scheint mir das eher ein typischer Teenager-Eltern-Konflikt zu sein....
Ob das nun mit den Zwängen zusammenhängt, dass sie das nicht "kann", oder nicht, lässt sich so nicht sagen. Tatsache ist, sie weicht euch aus.
Was die Kleider anbetrifft - lasst sie doch einfach mal in Ruhe. Sie muss letztlich selbst die Motivation entwickeln, dass sie das ändern möchte. Wenn mich ständig jemand daran "erinnern" würde - ich hätte auch keinen Bock !

Was das benutzte Geschirr anbetrifft - hier solltet ihr eine verbindliche Regelung finden. Z.B. dass sie das Geschirr zumindest am nächsten Morgen regelmässig in die Küche bringt. Da muss sie zum Frühstück ja ohnehin hin...


Wo ich erheblich mehr Handlungsbedarf sehe ist die Sache mit dem nachts essen. Das sollte sie wirklich ändern. Denn regelmässig nachts essen stört erheblich den Schlaf. Das ist so ein negativer sich selbst aufrecht erhaltender Kreislauf: Zwänge = Stress = Unruhe = Probleme mit dem Schlaf + Essen = noch mehr Probleme mit dem Schlaf = Müdigkeit = Verstärkt die Zwänge = noch mehr Stress = noch mehr Unruhe ... (von den schulischen Leistungen rede ich schon gar nicht).
Hier solltet ihr Abhilfe schaffen. Durch regelmässige Essenszeiten, durch regelmässigen Sport, durch regelmässige Entspannungsübungen. (dazu gibts im Internet auch einiges unter dem Begriff "Schlafhygiene" !)
Um mal wieder auf das Thema zurückzukommen, hier hat sich gerade "Betroffene" mit "Angehörige" vermischt. ;) ich versuche ja meine Tochter besser zu verstehen. Sie bekommt auch viel Lob, wenn etwas klappt, was ihr sonst Probleme macht. Es ist auch nicht wie beschrieben, dass ich jederzeit an ihr zerre oder ihr keine Ruhe lasse, sie fordert mich auf ihr zu helfen. Wir haben feste Essenszeiten, sie geht jeden Abend zeitig auf ihr Zimmer, hört Musik auf dem Handy, um überhaupt einschlafen zu können, bei Entspannungsübungen oder wenn sie zur Ruhe kommt, fängt sie an zu zählen. Da haben wir keine Lösung. Dann ist die Nacht lange für sie und sie steht auf. Ich weiß auch nicht, ob das Medikament sie so aufdreht, vielleicht sollte sie Sport am frühen Abend machen, noch ist sie uneinsichtig, was den Sport angeht, alles, was ich vorschlage, wird abgewehrt. Leider. Der einzige Druck kommt durch die Verhaltenstherapie, sie soll gegen den Zwang auch mal angehen, sich nicht hingeben, aber auch das finde ich therapiegebunden in Ordnung.
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OCD-Marie
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Re: Zählzwang , Hilfe

Beitrag von OCD-Marie »

Hallo Sonja,

sie fordert dich auf zu helfen - gleichzeitig lehnt sie deine Hilfe aber irgendwie auch ab...
Habt ihr beide eigentlich noch gemeinsame Aktivitäten - oder "kommuniziert" ihr überwiegend über Probleme und den Zwang miteinander ?

Ich würde vielleicht versuchen, dem Zwang mal nicht mehr so viel Raum einzuräumen. Ein kurzes Lob oder "Gut gemacht" würde meiner Meinung nach bei "Zwangs-Themen" auch reichen. Leider ist es so, dass (psychische) Krankheiten mitunter auch dazu "missbraucht" werden, mehr Zuwendung von den Mitmenschen zu erhalten.

Warum wehrt sie sich so gegen Sport ? Hast du mal mit ihren Therapeuten/Ärzten darüber gesprochen ? Finden die nicht auch, dass Bewegung gut wäre ? Gerade, wenn sie auf Ruhe mit Zwang reagiert...

Fluoxetin hat als häufige Nebenwirkung u.a. auch Schlaflosigkeit. Hinzu kommt, dass sie das Medikament in einer für ihr Alter sehr hohen Dosis bekommt. Diese Schlafprobleme sind auf Dauer nicht gut. Ich würde das mal mit dem Arzt besprechen. Eventuell wäre hier ein Medikamentenwechsel angezeigt.
Kämpferin

Re: Zählzwang , Hilfe

Beitrag von Kämpferin »

Sonja hat geschrieben: Di 30. Jul 2019, 14:37
OCD-Marie hat geschrieben: Do 25. Jul 2019, 21:11
Sonja hat geschrieben: Do 25. Jul 2019, 19:19 Manchmal habe ich das Gefühl, sie kann bestimmte Dinge nicht nur nicht anfassen, sondern auch nicht ändern. :(
Nun, vielleicht hat sie da einfach andere Prioritäten als ihr. Auf den ersten Blick scheint mir das eher ein typischer Teenager-Eltern-Konflikt zu sein....
Ob das nun mit den Zwängen zusammenhängt, dass sie das nicht "kann", oder nicht, lässt sich so nicht sagen. Tatsache ist, sie weicht euch aus.
Was die Kleider anbetrifft - lasst sie doch einfach mal in Ruhe. Sie muss letztlich selbst die Motivation entwickeln, dass sie das ändern möchte. Wenn mich ständig jemand daran "erinnern" würde - ich hätte auch keinen Bock !

Was das benutzte Geschirr anbetrifft - hier solltet ihr eine verbindliche Regelung finden. Z.B. dass sie das Geschirr zumindest am nächsten Morgen regelmässig in die Küche bringt. Da muss sie zum Frühstück ja ohnehin hin...


Wo ich erheblich mehr Handlungsbedarf sehe ist die Sache mit dem nachts essen. Das sollte sie wirklich ändern. Denn regelmässig nachts essen stört erheblich den Schlaf. Das ist so ein negativer sich selbst aufrecht erhaltender Kreislauf: Zwänge = Stress = Unruhe = Probleme mit dem Schlaf + Essen = noch mehr Probleme mit dem Schlaf = Müdigkeit = Verstärkt die Zwänge = noch mehr Stress = noch mehr Unruhe ... (von den schulischen Leistungen rede ich schon gar nicht).
Hier solltet ihr Abhilfe schaffen. Durch regelmässige Essenszeiten, durch regelmässigen Sport, durch regelmässige Entspannungsübungen. (dazu gibts im Internet auch einiges unter dem Begriff "Schlafhygiene" !)
Um mal wieder auf das Thema zurückzukommen, hier hat sich gerade "Betroffene" mit "Angehörige" vermischt. ;) ich versuche ja meine Tochter besser zu verstehen. Sie bekommt auch viel Lob, wenn etwas klappt, was ihr sonst Probleme macht. Es ist auch nicht wie beschrieben, dass ich jederzeit an ihr zerre oder ihr keine Ruhe lasse, sie fordert mich auf ihr zu helfen. Wir haben feste Essenszeiten, sie geht jeden Abend zeitig auf ihr Zimmer, hört Musik auf dem Handy, um überhaupt einschlafen zu können, bei Entspannungsübungen oder wenn sie zur Ruhe kommt, fängt sie an zu zählen. Da haben wir keine Lösung. Dann ist die Nacht lange für sie und sie steht auf. Ich weiß auch nicht, ob das Medikament sie so aufdreht, vielleicht sollte sie Sport am frühen Abend machen, noch ist sie uneinsichtig, was den Sport angeht, alles, was ich vorschlage, wird abgewehrt. Leider. Der einzige Druck kommt durch die Verhaltenstherapie, sie soll gegen den Zwang auch mal angehen, sich nicht hingeben, aber auch das finde ich therapiegebunden in Ordnung.
Liebe Sonja,

ich bin zwar kein Teenager mehr, aber habe einen gewaltigen inneren Schweinehund, was Sport angeht, von daher hilft dir das folgende vielleicht ein bisschen:
Was mir geholfen hat, mehr "Sport" zu treiben, ist, bestimmte Aktivitäten nicht als "Sport" zu sehen und nicht aus gesundheitlichen, Diät- oder Leistungs (inkl. Gewinn-)gründen zu tun, sondern rein aus Spaß: so spiele ich mittlerweile z.B. gerne Squash, Federball/Badminton, Tischtennis, Bowling, gehe Stand Up-Paddeln, Paddeln oder spazieren. Nicht als regelmäßige "Verpflichtung", sondern als spaßige Aktivität für langweilige Wochenenden. Zwar freue ich mich beim Spiel dann immer total, wenn ich Punkte mache, aber am Ende weiß ich meist nie, wer eigentlich gewonnen hat - weil es eben völlig egal ist. Vielleicht hilft dir diese Herangehensweise. :)
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OCD-Marie
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Re: Zählzwang , Hilfe

Beitrag von OCD-Marie »

Naja,

natürlich sollte das keine Pflicht sein. Und nur wenn sie Spass hat wird sie auch längerfristig dabei bleiben.

Allerdings reicht es nicht ab und zu mal an langweiligen Wochenenden. Damit die Bewegung auch "medizinisch" wirksam ist, sollten es schon 2-3 Termine die Woche sein....
Sonja
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Registriert: Mo 4. Feb 2019, 09:18

Re: Zählzwang , Hilfe

Beitrag von Sonja »


ich bin zwar kein Teenager mehr, aber habe einen gewaltigen inneren Schweinehund, was Sport angeht, von daher hilft dir das folgende vielleicht ein bisschen:
Was mir geholfen hat, mehr "Sport" zu treiben, ist, bestimmte Aktivitäten nicht als "Sport" zu sehen und nicht aus gesundheitlichen, Diät- oder Leistungs (inkl. Gewinn-)gründen zu tun, sondern rein aus Spaß: so spiele ich mittlerweile z.B. gerne Squash, Federball/Badminton, Tischtennis, Bowling, gehe Stand Up-Paddeln, Paddeln oder spazieren. Nicht als regelmäßige "Verpflichtung", sondern als spaßige Aktivität für langweilige Wochenenden. Zwar freue ich mich beim Spiel dann immer total, wenn ich Punkte mache, aber am Ende weiß ich meist nie, wer eigentlich gewonnen hat - weil es eben völlig egal ist. Vielleicht hilft dir diese Herangehensweise. :)
Vielen Dank für den Tipp! :D
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