Zwänge, Depression und Partnerschaft

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Xxx
Beiträge: 3
Registriert: Do 11. Aug 2022, 12:27

Zwänge, Depression und Partnerschaft

Beitrag von Xxx »

Hallo,
Ich w 41, habe Zwangsstörung und Phobien seit ich denken kann und leider ist mir das erst seit acht Jahren wirklich bewusst.
Ich habe einen Waschzwang, Zählzwang, Angst vor Körpernähe, Ekel vor meiner Menstruation und Stuhlgang da geht die Dusche immer danach, Menschennähe, bestimmte Gegenstände kann ich von klein auf nicht anfassen, wenn es passiert bricht Panik aus, Atemnot. Ich habe Kliniken besucht, ambulante Therapie, Medikamente SSRI bekomme ich seit 6 oder 7 Jahren für meine Zwänge und meine Depression, beides ist chronisch und kann laut Ärzten nur noch stabilisiert und nicht mehr geheilt werden.

Corona hat das ganze gut unterstützt, ich habe immer Tücher dabei, muss immer die Hände Saubermachen unterwegs. Seit die Regeln weggefallen sind und das Leben draußen normal läuft ist es bei mir wieder schlimmer geworden. Es ist laut, hektisch und ich komme einfach nicht mit.
Wem geht es ich so? Mein Partner hat da weniger Probleme da er während Lockdowns normal arbeiten war während mein Kartenhaus zusammenbrach und ich alleine zu Hause saß. Hinzu kommt das ich seit 8 Jahren in Erwerbsminderungstente bin

Mein Partner schnallt das einfach nicht. Er hilft unterstützt aber wenn meine Zwänge wieder zunehmen oder meine Depression wieder guten Morgen schreit und ich wieder nur den einen Ausweg sehe, da fängt er an zu diskutieren will wissen warum schon wieder so plötzlich ohne Vorwarnung und gibt mir dabei ständig das Gefühl ich bin Schuld.
Ich soll ihn rechtzeitig informieren wenn es schlimmer wird damit er sich darauf einstellen kann.
Wie soll das gehen?
Meine Zwänge treiben mich zu Gedanken wie...es ist besser alleine zueignen dann muss ich nicht immer schauen was er alles anfasst und er muss nicht auf seine Kleidung achten(Phobie)
Es wäre einfacher für uns beide. Ich quäle mich und ich fühle mich auch nicht wohl in unserer Wohnung.
So vieles was ich nicht anfassen kann, der Lärm, die Nachbarn, und ja mein Partner ist mir oft auch zu viel.
Ich bin verzweifelt......
Juvo
Beiträge: 16
Registriert: Sa 2. Jan 2021, 11:20

Re: Zwänge, Depression und Partnerschaft

Beitrag von Juvo »

Hallo Xxx,

ich leide selber seit Jahrzehnten an dieser Krankheit und meine Erfahrung sagt mir, dass Menschen sich schwer tun, psychsische Erkrankungen auch wirklich als Erkrankung wahrzunehemen.
Jeder Mensch kann sich vorstellen, wie sich Kopfschmerzen oder ein geprellter Fuß anfühlen und demenstprechend empathisch reagieren. Nur wenige wissen, wie sich Zwänge anfühlen. Und selbst wenn sie es erklärt bekommen und als Krankheit akzeptieren, können sie es halt immer noch nicht verstehen. Und reagieren deshalb oft nach dem Motto: Stell Dich doch nicht so an. Ich glaube, dass darf man ihnen (und auch Deinem Partner) auch nicht zum Vorwurf machen.
Zwei Gedanken sind mir bei Deinem Post gekommen:
  • Wenn sich der Partner zu sehr auf die Zwangskrankheit des Partners einstellt, dann ist das zwar im ersten Moment für den Zwangskranken angenehmer, aber doch ein zweischneidiges Schwert. Es ist sehr schwierig, da einen wirklich guten Umgang miteinander zu finden.
  • Zu Deiner Wohnung: Oft stellt man sich vor, in einer neuen Wohnung/einem neuen Umfeld wäre es vielleicht besser. Aber stimmt das wirklich? Wie lange würde es dauern, bis Du auch dort vieles nicht mehr anfassen könntest
Anka
Beiträge: 37
Registriert: Mo 17. Jan 2022, 21:24

Re: Zwänge, Depression und Partnerschaft

Beitrag von Anka »

Hallo Xxx, hallo Juvo
....@Xxx du fragst, wem es noch so geht... :wave: ...Hallo , ich ;) in deiner Beschreibung kann ich mich sehr gut wiedererkennen, vor allem in dem zu viel, zu laut zu wuselig...reizüberflutungen kenne ich auch sehr gut und in den momenten ist Ruhe bewahren (versuchen)oft durch hände waschen (oder zumindest desinfizieren)kompensiert und wenn es geht (Maske tragen und so) tief durchatmen meine Devise...
Was die wohnungssituation angeht, bin ich (sind wir) schon nen Schritt weiter... :( nachdem meine Partnerin und ich ca 15- 16 Jahre zusammen gewohnt haben, haben wir uns nun in diesem Jahr (im märz)einvernehmlich(sagt man ds so?) räumlich getrennt....vorrangig aufgrund der zwänge, ähnlich wie du es beschreibst war es bei uns auch und sie litt darunter, mitzukriegen,wie sehr ich (z.b. beim hände waschen) leide ...
Wir haben " glück" und zwei Wohnungen gefunden, die zusammen in einem Haus sind..Nun hat jede die Möglichkeit des Rückzugsort, aber trotzdem auch immer die Chance sich zu sehen... obwohl ich mich in der neuen Wohnung (aufgrund der zwänge laaaange noch nicht fertig eingerichtet :? ) total sauwohl fühle, beginnen, wie Juvo es auch beschrieben hat, hier aber auch die vermeidungen, Ängste etc... ...man nimmt sich(und seine probleme) halt immer und überall mit hin :( der " vorteil" ist aber, das ich mich nicht mehr so " unter druck " fühle und meine zwänge in meinen Tempo pflegen und bearbeiten/bekämpfen kann ohne dabei noch Rücksicht auf meine Partnerin zu nehmen....(ist ihr gegenüber überhaupt nicht böse gemeint! Da das Verständnis bei ihr schon da ist- aber das Gefühl als solches natürlich nur erahnt werden kann und darum nur sehr bedingt nachvollzogen)

Entschuldigt bitte wenn ich etwas wirr schreibe, mein Kopf ist grad bissl voll, aber ich hoffe es ist trotzdem verständlich!?

Ich wünsche dir, Xxx, und deiner Partnerschaft, das ihr gemeinsam einen guten Weg , der zu euch passt, findet um mit dieser verwirrenden Situation umzugehen!
Ein schönes Wochenende wünscht Anka
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Tim
Beiträge: 78
Registriert: Di 28. Sep 2021, 15:47

Re: Zwänge, Depression und Partnerschaft

Beitrag von Tim »

Hallo
juvo hat geschrieben:Jeder Mensch kann sich vorstellen, wie sich Kopfschmerzen oder ein geprellter Fuß anfühlen und demenstprechend empathisch reagieren. Nur wenige wissen, wie sich Zwänge anfühlen. Und selbst wenn sie es erklärt bekommen und als Krankheit akzeptieren, können sie es halt immer noch nicht verstehen. Und reagieren deshalb oft nach dem Motto: Stell Dich doch nicht so an. Ich glaube, dass darf man ihnen (und auch Deinem Partner) auch nicht zum Vorwurf machen.
Das finde ich eben so.
Daher versuche ich wo es geht die Leute aufzuklären über Zwänge.
Wenigstens so viel dass man nicht für "verrückt"gehalten wird.

Was ich hier vor allem wieder "schade" finde ist das du (Xxx) Erwerbsminderungsrente bekommst.
Wie schon andere geschrieben haben wäre es doch für dich und die anderen die so leben
gesünder im Sinne der Lebensqualität einen Beruf zu finden wo man mit den Zwängen eben zurecht kommt.
Als nur noch Zuhause zu sitzen und sich von der Welt isoliert zu fühlen.
Wenn ich meinen Job nicht hätte würde ich sicher richtig fies depressiv werden.

Ich denke ich bin da etwas naiv was die Möglichkeiten anbelangt. Doch wenn man gar nichts macht passiert leider nichts.
Wir haben gerade auf der Welt wohl viel größere Probleme wie Klimawandel, gesellschaftliche Zerwürfnisse, etc.
Doch ein Mensch der sich mit dem was er macht anerkennt fühlt kann sich meiner Meinung nach mehr einbringen auch bei diesen
globalen Problemen.

ein gutes WE . :)
Tim
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