Zwang und Realität

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Xyz99
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Registriert: Mi 17. Mär 2021, 12:23

Zwang und Realität

Beitrag von Xyz99 »

Hallo, ich habe mal eine Frage zu Zwängen bezüglich Religion. Wie soll man eigentlich Zwangshandlungen und „normale Handlungen“ bei religiösen Zwängen unterscheiden?

Wenn man beispielsweise als Zwangshandlungen betet.. Man betet ja auch wenn man keine Zwangsstörung hat. Wie soll man das denn unterscheiden? Jetzt würde man sagen, wenn ich bete um eine negative Emotion zu bekämpfen.. Aber Ob ich nun bete als Zwangshandlung oder ob ich bete weil ich mich so schlecht fühle und die Nähe zu Gott suche. Wie soll ich denn dass unterscheiden.

Genau das Problem habe ich nämlich. Und fühle mich so hoffnunglos, weil ich das Gefühl habe, dass ich es niemals unterscheiden kann.

Hättet ihr da mal ein Paar Tipps?
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SHG
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Registriert: Do 5. Dez 2019, 19:40
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Re: Zwang und Realität

Beitrag von SHG »

Ich schreibe mal ein paar Anregungen, die sich allgemein auf Zwänge beziehen, die ich meine auch hier relevant sein könnten. Klar kann es natürlich v.a. bei religiösen Zwängen spezielle Aspekte geben insbesondere, wenn du bzgl. „Realität“ fragst.

Bei einer Zwangsstörung ist es eigentlich meist so, dass die Betroffenen nicht etwas tun, was andere (oder man selbst in “gesunden Zeiten“) gar nicht tun (Hände waschen, Beten, Kontrollieren, Ritualisieren..) - es kommt auf das Ausmaß an und ob man (oder andere oder der Alltag) darunter leidet. Z.B. ist eine Zwangsstörung auch so definiert, dass es >1h am Tag Zeit in Anspruch nimmt, der Betroffene es nicht als angenehm empfindet und es nicht für Sinn- oder wertvoll hält. Es kommt auch darauf an zu welchem Zweck man die ritualisierte Handlung tätigt - wenn ich Unsicherheit, Angst oder Anspannung weg bekommen möchte, aber ich meine immer mehr davon tun zu müssen, weil ich es einfach nicht schaffe, so beruhigt zu sein, wie ich das gerne hätte (oder von mir verlange), dann ist das eher zwanghaft.
Ich stelle es mir unangenehm vor, das nie klar für sich zu haben, ob das nun eine Zwangserkrankung ist oder ob es einfach eine Eigenheit ist, die zu meinem Leben gehört und ich auch für sinn- und wertvoll halte - darum würde ich mich an deiner Stelle noch etwas genauer mit Diagnosekriterien ev. Mithilfe eines/r Fachmannes/frau beschäftigen um klarer zu haben, wie krankhaft das momentan für dich ist.

Bzgl. Der eher philosophischen Fragestellung, was ist Realität oder Wahrheit insbesondere wenn es um Glauben/Religion/Spiritualität geht, da habe ich mal in dem Buch „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ von Y. N. Harari und in dem ACT-Buch „Raus aus der Glücksfalle“ von Russ Harris ganz interessante Ansichten gelesen im Sinne - von Zitat aus zweiterem Buch „Wichtig ist nicht, ob ein Gedanke der Wahrheit entspricht, sondern ob es hilfreich ist, zwanghaft daran festzuhalten!“ - siehst du, ich war mir gar nicht mehr gewahr, dass in dem Satz sogar „zwanghaft“ steckte.
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