Verzwickte Situation

TeeCoffee
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Re: Verzwickte Situation

Beitrag von TeeCoffee »

Ich stimme zu, dass diese ganzen Subtypen nur maessige Relevanz fuer die Behandlung haben. Bei vielen Formen geht es letztlich darum, Unsicherheit, Zweifel und Anspannung auszuhalten, die mit dem jeweiligen Zwangsthema verbunden sind.
Dennoch denke ich, dass es sehr gut ist, wenn ein Therapeut die verschiedenen Erscheinungsformen kennt --- es kann helfen, die Expositionsübungen richtig zu designen, wenn man weiss, die der Zwangs versucht zu schummeln oder sich doch noch Lücken zur Rückversicherung sucht. Ein intelligenter Therapeut, dem die Zusammenhänge klar sind, wird schnell verstehen, wie der Zwang als Grundprinzip sich alle möglichen Thematiken suchen kann und wie man jeweils damit umgeht. Aber viele Therapeuten haben halt hier und da mal einen Fall. Es wird immer behauptet OCD sei so häufig. Ich glaube dass bei den schwereren Forman nach wie vor nicht so wirklich, sonst wäre all das viel mehr bekannt und die Patienten hätten eine breitere Lobby. Alleine, dass es dieses ein Forum mit recht wenig Aktivität gibt, zeigt doch schon, dass es nicht derart viele Betroffenen geben kann --- sowas wäre bei Depressionen und GAD ganz anders. Und dann wird immer gesagt die Schamkomponente sei so hoch--- als ob man über andere psychische Erkrankungen so viel lieber spricht....naja.
Gruss
Chris_84

Re: Verzwickte Situation

Beitrag von Chris_84 »

Hallo !
TeeCoffee hat geschrieben: Sa 13. Apr 2024, 14:44 Dennoch denke ich, dass es sehr gut ist, wenn ein Therapeut die verschiedenen Erscheinungsformen kennt --- es kann helfen, die Expositionsübungen richtig zu designen, wenn man weiss, die der Zwangs versucht zu schummeln oder sich doch noch Lücken zur Rückversicherung sucht.

Ein intelligenter Therapeut, dem die Zusammenhänge klar sind, wird schnell verstehen, wie der Zwang als Grundprinzip sich alle möglichen Thematiken suchen kann und wie man jeweils damit umgeht. Aber viele Therapeuten haben halt hier und da mal einen Fall.

Es wird immer behauptet OCD sei so häufig. Ich glaube dass bei den schwereren Forman nach wie vor nicht so wirklich, sonst wäre all das viel mehr bekannt und die Patienten hätten eine breitere Lobby. Alleine, dass es dieses ein Forum mit recht wenig Aktivität gibt, zeigt doch schon, dass es nicht derart viele Betroffenen geben kann --- sowas wäre bei Depressionen und GAD ganz anders.

Und dann wird immer gesagt die Schamkomponente sei so hoch--- als ob man über andere psychische Erkrankungen so viel lieber spricht....naja.
Gruss
Das mit den Expositionen ist ein Mythos. Vor über 30 Jahren hatte man die Idee, Expositionen seien eine clevere Therapie. Bis heute sind die Ergebnisse bei weitem nicht so gut wie immer behauptet wird.
Und es hat tiefenpsychologisch gute Gründe, warum viele Betroffene sich nicht oder nicht völlig auf Expositionen einlassen können (wollen).
Doch diese Zusammenhänge finden in der Therapie bis heute keine Berücksichtigung.

Ich kann mir schon vorstellen, dass die Zahl der Betroffenen in etwa stimmt. Dass so wenige hier aktiv sind, ist mir auch schon aufgefallen. Aber auch dafür gibt es mehrere Gründe.
Manche wollen (unbewusst) nicht "gesund" werden (das ist jetzt kein Vorwurf, sondern den psychologischen Zusammenhängen geschuldet)
Anderen haben nie gelernt, wirklich für sich einzustehen. Wirklich gut für sich zu sorgen.
Wieder andere begnügen sich damit, dass der Therapeut schon wissen wird, was er tut. Eigene (Mit-)Arbeit eher gering.
Zwänge sind ein komplexes Gebilde. Man muss für gewöhnlich an vielen "Schrauben drehen", um Erfolg zu haben.
Diverse psychologische (Abwehr-)Mechanismen verhindern ein zügiges Voranschreiten.

Am Ende ist es so, dass man sein eigener Therapeut werden muss. 50 Minuten pro Woche reichen bei weitem nicht aus. Das bedeutet aber auch, dass man sich einiges an Wissen aneigenen muss...

Und naja, wie reagiert wohl das Umfeld, wenn man sagt, man "dürfe" nur auf bestimmte Fliesen treten - oder man fährt eine Strecke "zur Sicherheit" x-mal ab, um zu schauen, ob man nicht doch jemand angefahren hat - oder man muss Eingangstüren auf eine bestimmte Art mehrfach berühren, bevor man durchgeht.... Wer nicht binnen Sekunden in der "Spinner-Schublade" stecken will, behält DAS für gewöhnlich lieber für sich... :)
downtherabbithole
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Re: Verzwickte Situation

Beitrag von downtherabbithole »

Lydia hat geschrieben: Sa 13. Apr 2024, 12:15 Wenn diese Unterform der Zwangserkrankung im deutschsprachigen Raum im größeren Rahmen bekannt gemacht und die spezielle Herangehensweise in der Therapie besprochen würde, wäre sicherlich vielen Betroffenen, die ihre aktuelle Situation nicht einsortieren können, sehr geholfen.

Deliquentes Verhalten kann also ebenso Akutschübe auslösen oder eine latente Zwangsaktzentuierung zu einer manifesten schweren Akutstörung ausformen, wie erstmaliger Alkohol- oder Cannabiskonsum, wie ich hier im Forum gelesen habe. Dennoch benötigen akut Zwangs-Betroffene ja fachliche Expertise und können nicht durch lückenhafte Aufklärung des Krankheitsbildes ihrer Erkrankung ausgeliefert bleiben.
Der Grund warum es kaum Auflistungen gibt liegt denke ich daran, dass in der Regel so mit Zwängen gearbeitet wird, dass es keinen Unterschied macht, was es für eine "Form" annimmt und dass es unzählig viele Formen gibt. Da es hauptsächlich englischsprachige Bezeichnungen für die verschiedenen Subkategorien gibt, gehe ich davon aus, dass diese auch im englischsprachigem Raum entstanden sind.

Ansonsten gibt es ziemlich viele Podcasts und Instagram Accounts die die unterschiedlichen Varianten aufzählen, und das kann sehr sehr hilfreich sein um überhaupt zu verstehen, das das was man hat auch ein Zwang ist oder was bei einem alles ein Zwang ist. Denn leider wissen das eben viele Therapeuten nicht und behandeln einen ungenügend.
Lydia hat geschrieben: Sa 13. Apr 2024, 12:15 Daher wäre die nächste Frage, ob sich Fachleute im deutschsprachigen Raum überhaupt schon einmal mit dieser Unterform bekannt gemacht haben und dahingehend therapeutisch tätig sind?
Wohl kaum. Selbst in einer Klinik, die auf Zwänge spezialisiert sind, in der Therapeuten mit extrem vielen Zwangspatienten in Kontakt kommen, kennen die nicht alles. ;) Ich kann dswg empfehlen sich Podcast Folgen zu den spezielleren Themen anzuhören.
Lydia
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Registriert: Mi 10. Apr 2024, 13:55

Re: Verzwickte Situation

Beitrag von Lydia »

Hallo downtherabbithole,
downtherabbithole hat geschrieben: Di 16. Apr 2024, 18:05Ansonsten gibt es ziemlich viele Podcasts und Instagram Accounts die die unterschiedlichen Varianten aufzählen, und das kann sehr sehr hilfreich sein um überhaupt zu verstehen, das das was man hat auch ein Zwang ist oder was bei einem alles ein Zwang ist. Denn leider wissen das eben viele Therapeuten nicht und behandeln einen ungenügend. Ich kann dswg empfehlen sich Podcast Folgen zu den spezielleren Themen anzuhören.
Da der Google-Zwang dazwischengrätscht, ist das leider aktuell keine Option. Tägliche "Trigger", die Teils als absurd erkannt werden, dennoch gehörige Angstattacken auslösen, machen es zudem nicht leichter.

Der Zwang stürzt sich, O-Ton "wie Pyranhas" auf alles, was auch nur entfernt an das Geschehnis erinnert.

Ich hatte hier vor ein paar Tagen im übrigen einen längeren Text verfasst. Beim "Vorschau" klicken würde ich ausgeloggt und der Text war weg. Danach war ich erstmal entmutigt. Daher jetzt erst eine erneute, kürzere Antwort.

Viele Grüße
Lydia
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