Wirklichkeiten

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Yorge
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Wirklichkeiten

Beitrag von Yorge »

Marie, erstmal danke für deine ausführliche Recherche! Ich schätze es sehr, dass es dir ein Anliegen sein dürfte, mich zur Vernunft zu bringen. Manchmal kommst du bei mir etwas aufgeregt an, so dass es etwas dauert, bis ich das, was du mir gibst, bei mir einsortiert habe. Wir dürften da unterschiedlicher Ansicht sein, was es heißt "die Realität zu verkennen". Ich meine damit: etwas anders als alle anderen unkorrigierbar wahrzunehmen (Stimmen hören, Verfolgungswahn,..) und das hat ja nichts mit Zwang zu tun. Wenn du darunter auch verstehst, dass ich mein Handeln danach richte, einen extremst unwahrscheinlichen Schaden (oder auch Schuld von mir oder Angst) zu verhindern und ein anderes Risiko und damit eine größere Gefahr eingehe - dann magst du Recht haben, da dürfte die Vernunft bei mir aussetzen (und das erkenne ich ja auch, sonst würde ich ja nichts dagegen unternehmen). Um bei dem Beispiel zu bleiben, kann man jetzt sagen das Risiko von <<0,3%, dass das Befürchtete eintritt, kann man vernachlässigen und man kann also genau so tun, als würde die Gefahr gar nicht bestehen - finde ich ok. Man kann das aber nicht für alle Situationen berechnen bzw. könnte man, wäre es wsl. schwierig einen Grenzwert festzulegen. Wonach richtet man dann sein Handeln? Nach dem Gefühl - wenn aber zumindest auf das Gefühl der Angst kein Verlass zu sein scheint? Danach, was "normal" ist - wenn aber auch das Normale nicht immer das Richtige sein muss..?

Du stellst mein/unser Problem dar. Die Lösung ist nicht einfach und vielschichtig und da gibt es viel zu lesen... ist eben so.

Was denkst/fühlst du im Moment ist es bei mir woran es scheitert, dass ich noch nicht die ausreichend nachhaltige Lösung gefunden habe (soweit das eben auf die Distanz möglich ist zu beantworten)? Wenn mir auch andere darauf antworten wollen, nehme ich auch das sehr gerne an.
Das gute Leben .. ist eine Richtung, kein Ziel. [Carl Rogers]
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OCD-Marie
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Re: Wirklichkeiten

Beitrag von OCD-Marie »

Hallo Yorge,

die "ausreichend nachhaltige Lösung"... ?

Therapie ist ein Prozess. Die Veränderungen erfolgen nach und nach. Du hast schon einiges erreicht, wie es scheint. Dennoch bist du noch irgendwo mitten auf dem Weg. Wie du schon schreibst, die Therapie ist vielschichtig. Also einfach weitergehen. ;)

Es ging mir mit dem letzten Beitrag nicht um "Grenzwerte". Es ging mir nur darum, die Dinge einmal genau zu betrachten. Denn davor drücken sich viele Zwängler. So bleibt das Risiko meist im Ungewissen - und erscheint gefühlt viel, viel größer als es tatsächlich ist. Es geht also vor allem darum, die Situation wieder vernünftiger einzuordnen.

Und am Ende fürchte ich, gibt es keinen "Grenzwert". Das Leben beinhaltet mannigfaltige Risiken. Und wir gehen sie - bewusst oder unbewusst - jeden Tag ein. Wir können gar nicht anders, wir wären sonst nicht lebensfähig.
Für das "Gesund-Werden" bedeutet das, dass wir akzeptieren, dass es gewisse Risiken gibt. Lassen wir mal die "magischen" Zwänge beiseite, so lässt sich das objektiv nicht verleugnen. Interessanterweise sind die "Zwangs-Riskiken" tatsächlich meist verschwindend gering. "Gesund-Werden" bedeutet also nicht das Schauen auf "Grenzwerte", sondern zu aktzeptieren, dass man jeden Tag mal kleinere mal grössere Risiken eingehen muss, wenn man sein Leben leben will. Und dann auch diese Risiken einzugehen - und zu leben.

Die Risiken sind nur die eine Seite der Medaille. Einem Risiko steht ja auf der anderen Seite auch ein "Ertrag" gegenüber. Der Zwang konzentriert sich nur auf den möglichen "Schaden", aber nicht darauf, was uns das Leben zu geben bereit ist, wenn wir gewisse Risiken eingehen.
Nicht umsonst besteht das japanische Schriftzeichen für "Risiko" aus zwei Zeichen, die man - bildlich - mit "Gelegenheit, die auf einem gefährlichen Wind reitet" übersetzen kann.

Ich habe mir deine Beiträge nochmals angesehen. Wenn du irgendwann bei deinen Therapiebemühungen das Gefühl haben solltest, dass du vor einer Mauer stehst und es einfach nicht mehr weitergeht, könnte es daran liegen:
Dadurch nehme ich mir aber auch den Druck den Zwang ganz, für immer weg haben zu müssen - weil das anscheinend sowieso nicht funktioniert. Natürlich bin auch ich ständig dahinter, ihn einzudämmen, damit er nicht alles Lebendige verdrängt.
Solange du nicht daran glaubst, dass du den Zwang ganz "besiegen" kannst, wirst du das auch nicht erreichen. Denn mit dem was wir glauben erschaffen wir uns unsere eigene Realität...

"Eindämmen" kann man ein Leben lang. Aber erst wenn man das Leck schließt, hat man wirklich Ruhe.
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Yorge
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Im Moment leben

Beitrag von Yorge »

Was du mir schreibst trägt tatsächlich dazu bei, dass ich die Welt leichter annehmen kann und sie damit auch für mich (und die um mich) angenehmer erleben und gestalten kann. Damit tust du mir gut, wirklich.
Das gute Leben .. ist eine Richtung, kein Ziel. [Carl Rogers]
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Yorge
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Expo live

Beitrag von Yorge »

Ich schreibe jetzt mal live während einer Expositionsübung. Ich mache sie alleine. “Normalerweise“ berühre ich hier nichts bevor ich mich nicht geduscht und umgezogen habe, wenn ich von da wo ich gerade herkomme zurückkomme. Auch nicht mein Handy, was ich aber zum Posten jetzt mache. Konkret denke ich an Viren, die (wenn auch sehr selten) tödlich sein können. HIV momentan weniger - vor allem Herpes beschäftigt mich.. wie der sehr unwahrscheinliche Übertragungsweg wäre, will ich nicht näher beschreiben. Ich habe jetzt schon auch desinfiziert am Weg hierher, schon für andere wsl. übertrieben. Aber eben nicht so, wie ich es wsl. durch meinen Zwang tuen müsste - und darum fühle ich mich gestresst, kann die Zeit jetzt nicht recht genießen und mich auch nicht recht auf was konzentrieren, was mir angenehm wäre. Ich bin mir auch nicht ganz sicher, ob es wirklich nicht besser wäre, wenn ich so “wie immer“ tuen würde - da zweifle ich schon dran. Ich zweifle auch ob ich nicht zu einem besseren Zeitpunkt gegen den Zwang arbeiten sollte - wenn ich mich von Grund auf wohler fühle oder danach mehr Zeit zum Erholen hätte oder überzeugter davon bin, dass das wirklich nur zwanghaft ist, was ich jetzt sein lasse. Andererseits, wenn es keine Überwindung kosten würde, wär's ja auch kein Zwang. Ich mache mal weiter..
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Miranda_L

Expo live

Beitrag von Miranda_L »

Gut so Yorge, weitermachen :)

Du scheinst hier im Moment derjeninge zu sein, der die größten Fortschritte macht.

Also los.
Man muss das Eisen schmiesen, solange es heiss ist.
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Yorge
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Re: Wirklichkeiten

Beitrag von Yorge »

Ich hab mich schon gefragt, ob's das bringt das hier zu posten. Miranda, dein Ansporn und das was es in mir bewirkt hat, gab mir die Antwort - das gab mir nochmal den nötigen Drive etwas zügiger weiterzumachen und letztlich nicht mehr alles ““kontaminierte““ extra zu beachten, sodass ich zum Schluss gar nicht mehr wusste, was jetzt un/rein ist und ich hab alles auf einmal zusammengepackt - so soll's sein. Bisschen Druck ist da schon gut - den hab ich zeitlich auch noch andererseits dabei bekommen (ja, es gibt auch noch andere Frauen in meinem Leben, die mich antreiben :roll: :) ). Was diesmal auch nicht schlecht war - es war eine etwas schlampige Expositionsübung und deshalb gut und vielleicht nachhaltig, weil eben nicht so “sauber“ durchgeführt (und gratis war sie auch, aber nicht umsonst - die Expo über die ich zuletzt geschrieben habe war aber schon auch seine 200€ wert.. ).
Was mich aus dem Hänger herausgebracht hat, war das Schreiben, aber auch mehr darauf zu achten, was ICH momentan brauche (und auch was mir jetzt unabhängig vom Zwang gut tun würde) und weniger zu überlegen, was ich gegen den Zwang tun soll. Der Zwang braucht immer möglichst viel Beachtung für sich allein, damit es ihm gut geht- und die bekommt er auch durch's Kämpfen gegen ihn.
Ob ich so viele Fortschritte mache, da bin ich mir nicht so sicher (obwohl mich die Anerkennung natürlich freut). Ich denke, dass die Therapie so vielschichtig ist und bei den Expos macht sich eben der Fortschritt recht sichtbar.
Zuletzt geändert von Yorge am Sa 22. Sep 2018, 09:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Silvia
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Re: Wirklichkeiten

Beitrag von Silvia »

Hallo Yorge,
bemerkenswert wie Du das machst!
(Ich kann während einer Expo nebenbei nichts weiteres machen)
Mach weiter so! ;)

Grüße, Silvia
Nichts kann existieren ohne Ordnung,
nichts entstehen ohne Chaos.
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michael_m
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Re: Wirklichkeiten

Beitrag von michael_m »

Hallo Yorge,

auch ich ziehe meinen Hut vor dir!

Grüße

Michael
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Yorge
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Re: Wirklichkeiten

Beitrag von Yorge »

Herzlichen Dank für euren Zuspruch. Das tut wirklich gut!
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Silvia
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Re: Wirklichkeiten

Beitrag von Silvia »

Nichts zu Danken! ;)
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