Hallo

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Madita

Hallo

Beitrag von Madita »

Hallo,
ich bin Madita und 38 Jahre alt, verheiratet und beschäftige mich seit einigen Jahren mit Zwangsproblemen. Zum einen speziell mit KDS und zum anderen mit den Möglichkeiten Situationen zu verändern und zu verbessern in meinem Alltag.
Mein Mann hat Depressionen, eine Angststörung und eben KDS, also eine Dysmorphophobie die mit Zwanggedanken und Zwangshandlungen einhergeht. Um das Ganze komplizierter zu machen hat mein Mann auch noch einen realen Makel, nämlich eine Hautkrankheit die wirklich immer Aufmerksamkeit und Pflege verlangt und nicht heilbar ist, die Behandlung verläuft symptomatisch zum Teil mit Hydrocortison, zum Teil mit Pflegemitteln. Er ist seit Jahren in Behandlung, nimmt Antidepressiva und hat eine teilweise humorvolle und Selbstverstehende Haltung zu seinen Problemen entwickelt. Aber zu anderen Zeiten schwankt seine Stimmung und er bennent verschiedene Ursachen oder beschuldigt mich was ihm dann später leid tut. Ich kann die ganzen psychischen Mechanismen inzwischen gut nachvollziehen und ich fand auch die Diagnose KDS und schlug seiner wirklich zugewandten Psychiaterin vor das in Betracht zu ziehen. Sie prüfte das sorgfältig und bestätigte den Verdacht. Muss dazu vielleicht sagen dass ich selbst im Bereich Medizin tätig war und jetzt im Bereich Beratung/Coaching ehrenamtlich tätig bin.
Zurück zum Alltag und den Problemen, da wäre mein körperlicher Zustand der sich langsam verschlechtert, ich habe einen Pflegegrad 2 und eine Hauswirtschaftshilfe jede Woche. Ich kann nicht gut stehen, heben und etwas Tragen. Bisher ging es grad so um das zu schaffen was nötig ist. Inzwischen aber kommt bei mir Frust auf weil mein Mann es manchmal nicht schafft den Müll rauszubringen bis es Maden gibt. Es kommt selten vor, aber es ekelt mich.
Er kann nicht das Bad putzen weil er dann gleich im "Auslöserbereich" seiner Zwangshandlungen ist und dann manchmal stundenlang nicht aus dem Bad kommt. Ich finde es rührend dass er sich Rituale geschaffen hat um die Zwangshandlungen abzuschliepen, z.B. gibt er sich selbst die Hand wenn er aus dem Bad kommt um zu besiegeln an dem Tag keine weitere Handlungszeit zu beginnen. Aber manchmal kann ich nicht ins Bad um ganz banal auf die Toilette zu gehen weil er nicht raus kann. Oder er kommt raus und schimpft darüber dass ich Schuld bin dass er gleich wieder beginnen muss von vorne. Es gab Tage da überlegte ich mir eine Nachttopflösung anzuschaffen, ohne Witz.
Manchmal kann ich selbst nicht voraussagen was schlimmer sein wird: alleine mit Auto und Rollator den Einkauf zu machen und dann völlig fertig zu sein oder in der Hoffnung, es werde auch heute nur 20 Minuten dauern bis wir zusammen losfahren können dann mal 3 Stunden zu sitzen und zu warten, und auch mit meiner Wartezeit nicht viel anfangen zu können. Und dann noch der Gedanke, halt durch, es ist weniger schlimm sehr zur Toilette zu müssen als die Handlungen zu stören die dann wieder von vorne beginnen oder ihn in einem Weinanfall oder in Wut zu erleben.
Ich hab ihn sehr lieb, er ist klug, humorvoll und steht immer zu mir, er weiß auch was er an mir hat und muss eben auch meine Macken ertragen die ich durchaus habe.
Ich kann gar nicht sagen was genau ich mir erhoffe. Vielleicht dass er sich doch noch zu einer Therapie entschließt. In den nächsten Wochen macht er ein Praktikum und bisherige Erfahrungen waren so dass er dann nichts anderes tun kann und oft zu spät kommt, gestresst und nassgeschwitzt von den Zwangshandlungen. Vielleicht kann er lernen mit seinem Stress besser umzugehen und ich muss vielleicht bei einem ohnehin geplanten Umzug hoffen dass es ein größeres Bad geben wird sodass ich zumindest zur Toilette kann. Klingt vielleicht blöd, aber auch wenn ich kein kleines Kind bin ist das körperlich für mich Stress.
Nun ja, vielen Dank für die Aufnahme hier und viele Grüße
Madita
Miranda_L

Re: Hallo

Beitrag von Miranda_L »

Hallo Madita,

natürlich ist so etwas ein riesiger Stressfaktor, gerade für Menschen, die sehr dicht mit dem Erkrankten zusammenleben.

Das was du da erzählst, hört sich sogar für mich, die ja selbst an einer Zwangsstörung leidet, ziemlich krass an. Du brauchst dich auf keinen Fall dafür entschuldigen (so hört sich dein Beitrag irgendwie an), dass du mit dieser Situation körperlich und seelisch Probleme bekommst.
Das würde jedem so gehen. Sogar mir, obwohl ich ja diese Situationen von "innen" heraus kenne.
Also erstmal: Alle Achtung, dass du die Situation so geduldig aushältst.
Gerade dann, wenn auf deiner Seite auch noch eine körperliche Behinderung vorliegt.
Da kann ich nur den Hut vor ziehen.

Ich selbst bin immer in Sorge, dass mein Partner zu sehr unter meinen Zwangs-"Allüren" leiden muss und zu sehr dadurch eingeschränkt ist. Er muss wegen mir schon einige Kompromisse eingehen. Ich versuche aber um seinetwillen, die Zwänge wenn es irgend geht im Zaum zu halten, um seine Lebenqualität nicht ganz kaputtzumachen.
Das bedeutet aber, dass ich in einigen Situationen die Zähne zusammenbeissen muss und die Zwangsängste aushalten muss.
Nur weil ich krank bin, bedeutet das nicht, dass mein Partner nach all meinen Regeln leben muss. Und das wäre auch nicht gut für mich, weil es meine Zwangsängste bestätigen, und dadurch verschlimmern würde.

Dass du deine körperlichen Bedürfnisse den Zwängen deines Mannes unterordnest, halte ich für ungesund für euch beide. Die Zwänge deines Mannes sind schließlich nicht real. Dein Harndrang schon. Und dann muss es gehen, dass er das Badezimmer für 5 Min. verlässt, um dich auf die Toilette zu lassen. Zur Not kann er sich mit erhobenen Händen in den Flur stellen und nichts anfassen, bis er wieder rein darf.
Er kann nicht das Bad putzen weil er dann gleich im "Auslöserbereich" seiner Zwangshandlungen ist und dann manchmal stundenlang nicht aus dem Bad kommt. Ich finde es rührend dass er sich Rituale geschaffen hat um die Zwangshandlungen abzuschliepen, z.B. gibt er sich selbst die Hand wenn er aus dem Bad kommt um zu besiegeln an dem Tag keine weitere Handlungszeit zu beginnen.
Bei mir ist es so, dass ich, gerade wenn es mir schlechter geht und ich unter Stress stehe, immer wieder das Gefühl habe, an etwas drann gekommen zu sein an das ich nicht drann kommen wollte. Manchmal direkt nach dem Händewaschen. Was dann wieder zum Händewaschen führt. Wenn man dann beim Rausgehen aus dem Badezimmer die eine Hand mit der anderen festhält, kann man nichts anderes Berühren und kann damit den Kreislauf beenden.
Allerdings ist dieser Trick meiner Meinung nach auch eine Zwangshandlung. Man bestätigt ja damit die Wichtigkeit des Zwangs und befolgt ihn, anstatt aus eigener Kraft aus dem Kreislauf auszusteigen.

Hat dein Mann Kontaminationsängste? Oder was hält ihn so lange im Badezimmer?

Gruß
Miranda
Madita

Re: Hallo

Beitrag von Madita »

Hallo Miranda,
Danke, ich denke, geduldig bin ich wirklich.
Mein Mann redet auch darüber dass er nicht will dass ich unter ihm leide. Unter ihm, so waren die Worte dann immer, nicht unter seinem Zwang. Dass er Ängste hat abgelehnt zu werden hat er selbst schon erkannt, und ich nehm ihn eben an wie er ist.
Manchmal muss er auch die Zähne zusammenbeissen, ja, und teilweise kommen bei ihm noch zusätzliche Schwierigkeiten auf, etwa manchmal noch Panikattacken wenn er alleine einkaufen gehen und im Laden den Einkaufszettel lesen soll. Er wird dann auch mal so nervös dabei dass er in kalten Schweiß ausbricht und das Gefühl hat dass ihm die Beine nachgeben.
Dass der Trick mit dem sich selbst die Hand geben („Der Pakt“) schon wieder in Richtung Zwang gehen kann war mir so gar nicht bewusst, interessanter Gedanke.
Kontaminationsängste hat er nicht, oder nicht primär. Er hat ein Ekzem das auch vom Hautazt festgestellt wurde. Das Ekzem macht Haarausfall, und für meinen Mann ist vor allem seine Augenbraue nicht „in Ordnung“. Das ist für ihn auch der Punkt weshalb er seine Psychologin kritisiert, dass sie bloß immer wieder von Haaren und Frisur redet und aus seiner Sicht „nie kapiert“ (seine Worte) dass es um die Haut und die Augenbrauen geht. Ansprechen will er es aber auch nicht weil er meint dass es sich nicht lohnt.
Solange er davon überzeugt ist dass er vor allem ein kosmetisches Problem hat (mit dem andere eventuell deutlich lockerer umgehen könnten) , aber sich nicht bei Ärzten Rat holt kann er vielleicht erst mal nur so bleiben wie er ist. Seine Depression sieht er leider nicht als damit zusammenhängend.
Ja, erst mal so viel dazu.
Mir fiel gerade auf dass dieses Forum an dieser Stelle gar keinen geschützten Bereich aufweist. Gibt es da noch eine „Ecke“ für so persönliche Dinge oder ist alles einsehbar?
Vielen Dank und viele Grüße
Madita
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admin_zf
Administrator
Beiträge: 67
Registriert: Sa 3. Feb 2018, 18:01

Re: Hallo

Beitrag von admin_zf »

Hallo Madita,
Madita hat geschrieben: Do 4. Okt 2018, 18:30 Mir fiel gerade auf dass dieses Forum an dieser Stelle gar keinen geschützten Bereich aufweist. Gibt es da noch eine „Ecke“ für so persönliche Dinge oder ist alles einsehbar?
Einen geschützten Bereich gibt es hier im Forum nicht. Da sich prinzipiell jeder registrieren kann, wäre es auch nicht wirklich geschützt.

Ansonsten gibt es für die Kommunikation zwischen den einzelnen Forumsmitgliedern die Möglichkeit der "Privaten Nachrichten" (kurz "PN" genannt). Z. B. findest du diese Funktion rechts vom Beitrag, unterhalb des Benutzernamens. Dort die Sprechblase mit den drei Punkten.

Viele Grüße

Franz
Zuletzt geändert von admin_zf am So 26. Mär 2023, 13:45, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Info bzgl. Suchmaschinen veraltet (März 2023)
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