Zwangsstörung und Familie

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Dawn1678
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Registriert: So 3. Dez 2023, 15:50

Zwangsstörung und Familie

Beitrag von Dawn1678 »

Hallo,

Ich möchte euch von meiner Zwangsstörung erzählen und hoffe, ihr könnt mir im Anschluss weiterhelfen.
Meine Zwangsstörung äußerte sich schon in meiner Kindheit. Ich war vielleicht 4 oder 5 Jahre alt, als mir meine Mutter von "unsichtbaren" Bakterien, Viren und Milben erzählte, mir auch Bilder von ihnen zeigte und mir so ziemliche Angst einjagte, sodass ich wochenlang mein Spielzeug aus lauter Furcht der Kontamination nicht mehr anfassen wollte und über einen noch längeren Zeitraum immer wieder spucken musste, weil ich dachte, "Bakterien seien in mein Mund geflogen". Meine Eltern reagierten mit auslachen und nannten mich Lama. Irgendwann gab ich aufgrund ihrer Hänseleien dieses Verhalten auf und wurde "normal". Traten mal Zwänge wieder auf, z.B. zwanghaftes Fingernägel Abkauen wurde mir von meinem Papa nur Angst eingejagt und die Finger beispielsweise mit Chili eingerieben, sodass ich sie nicht mehr abkauen konnte. Mit der Zeit hatte ich keine Zwänge mehr. Während meiner Jugendzeit hatte ich also eine komplett zwangsfreie Zeit. Es entwickelte sich "nur" eine panische Versagensangst in der Schule und damit verbunden das Aufschieben vom Lernen und dann in kurzer Zeit Lernen bis zum Umfallen. Ich heiratete mit 24 Jahren und hatte in der Zeit nach meiner Heirat weder Zwänge, noch großartige Versagensängste, da mein Partner mir als große Stütze zur Seite stand und viel Mut machte. Ich wurde recht schnell schwanger und drei Monate nach der Geburt meines Sohnes fand ich heraus, dass mein Mann mich schon seit ca. 6 Monaten betrog. Mit einer anderen verheirateten Frau. Für mich brach die Welt zusammen. Aufgrund der detaillierten Nachrichten zwischen den beiden wusste ich, wie schlecht er mich darstellte und wie sehr er sie liebte, dass sie seine Liebe seines Lebens wäre, seine einzig wahre Ehefrau, Lobeshymnen über ihr Aussehen und Charakter.... Ich hatte einer einzigen Person in meinem Leben vertraut und sie hatte mir buchstäblich das Messer in den Rücken gestoßen. Noch dazu hatte ich ihn ursprünglich gar nicht heiraten wollen, er wollte es unbedingt und meine Mutter drohte mir... sodass ich mich letzlich dazu entschloss. Nach der Affäre versuchten wir es dennoch weiterhin gemeinsam, denn ich wusste nicht, wie ich es alleine mit einem drei Monate alten Baby alleine schaffen sollte. Auch versprach er, nie wieder eine Affäre zu beginnen.... Die Jahre danach waren sehr schwierig (ich hatte und habe immer noch große Schwierigkeiten überhaupt jemandem.zu vertrauen) ,mit der Zeit drängten sich meine Zwänge zurück. Diesmal in Bezug auf meinen Sohn. Ich musste unbedingt die "perfekte" Mama sein und das Beste war gerade gut genug für meinen Sohn. Das heißt Kleidung musste möglichst zertifiziert und schadstofffrei sein. Doch noch hielt sich alles in Grenzen. Bis zur (ungewollten) Schwangerschaft und Geburt mit meinem zweiten Sohn, welcher momentan 9 Wochen alt ist. Meine Zwänge, sprich Kontaminationsängste mit Chemikalien, sind seitdem extrem stark und beeinträchtigen mehr und mehr unser Leben. Leider weiß ich manchmal nicht, ob ich überreagiere, wenn etwas passiert oder ob es gerechtfertigt ist.. Ein Beispiel: Vorherige Woche haben wir unseren Kamin angefeuert und blöderweise nicht nachgeschaut, ob irgendwas z.B. Spielzeug von meinem Sohn sich im offenen Lüftungsbereich befindet. Nach ca. 20 Minuten habe ich doch mal reingeschaut und einen kleinen Tischkickerfußball entdeckt, den ich mit einem Stock rausgerollt habe. Ich hatte die Absicht, später nachzuschauen, ob es zu einem Schaden durch Hitze gekommen ist. Leider entdeckte mein Sohn 5 Minuten später diesen Ball. Meine Worte, er soll es bitte zurück legen, hatten keine Wirkung. Zum einen sagte ich es wohl nicht mit genug Nachdruck, Zum anderen hatte er schon Monate vorher von meiner Mutter meine Angststörung erklärt bekommen, obwohl ich dagegen war. Dies hatte die Konsequenz, dass viele Dinge, die ich sagte, nicht mehr ernstgenommen wurden, da ich ja "krank" sei und die Situationen falsch beurteilen würde. Er ist 5 Jahre alt... jedenfalls sagte mein Sohn:" Der Ball ist schön warm." Und rollte ihn über sein eigenes Gesicht. Dann auf dem Sofa, auf dem Boden etc. Mein Mann kam dazu und ich erklärte ihm die Situation. Er nahm den Ball kurz in die Hand und meinte, es sei alles in Ordnung. Da ich schon seit 9 Monaten in Therapie bin und meine Zwänge besser in Griff haben möchte, dachte ich, ok, ich verlasse mich auf seine Aussage und beruhige mich. Stunden später nahm ich den Ball in die Hand und schaute doch nach Hitzeschäden nach. Und tatsächlich gab es einige kleine Schäden, die sich durch eindeutige Verformungen zeigten. Die Panik brach bei mir aus. Dennoch versuchte ich mich zu beruhigen und meinen Zwangshandlungen nicht nachzugehen. Diese wären: Boden wischen, Sofa wischen, Gesicht von meinem Sohn waschen, Decke wegwerfen. Meine Angst war, dass sich durch den warmen gewchmolzenen Plastik krebserregende Schadstoffe abgelöst haben könnten und meine Kinder, insbesondere das Baby nun diesen ausgeliefert sind. Mein Mann findet meine Angst komplett übertrieben. Er wird extrem wütend, wenn ich mit ihm über diesen Vorfall reden möchte. Er wollte mir zunächst weißmachen, dass die Schäden nur durch Abnutzung entstanden sind, doch nach Rücksprache mit dem Schornsteinfeger kann er das nicht mehr sagen. Zu unserem Alltag: obwohl ich meinen Zwangshandlungen nach einer Woche doch nachgegeben habe und Boden sowie Sofa gewischt habe, darf nun keiner mehr das Baby anfassen,da sich die Schadstoffe vielleicht im ganzen Haus verteilt haben und somit alle kontaminiert sind. Bis auf mich. Weil ich mir sehr oft die Hände wasche, diesen Bereich des Sofas vermeide, vor dem Schlafengehen Dusche usw. Niemand ist glücklich mit dieser Situation. Manchmal denke ich, ich übertreibe total und manchmal denke ich, genauso ist es richtig, denn ansonsten würde das Baby Krebs bekommen und Schuld wäre ich, weil ich damals nicht konsequenter war... was sagt ihr dazu? Sind meine Gedanken nachzuvollziehen oder komplett dem Zwang zuzuschreiben? Wie soll ich weitermachen? Jeden Tag, jede Handlung zig mal durchzudenken, um das Baby ja nicht zu gefährden, kostet immense Anstrengung. Mein Mann, der schon immer ungeduldig war und schnell wütend, muss jetzt auch noch mit dieser Ausnahmesituation klar kommen und sagt schon lange, er hält es nicht aus und möchte sich scheiden lassen. Eine Affäre würde ich jetzt sogar angesichts dieser angespannten Situation eher "verstehen ".... Er beschwert sich regelmäßig bei meinen Eltern, die stets auf seiner Seite sind und insbesondere meine Mutter versucht mir, wann immer es geht, mir ein schlechtes Gewissen zu machen, z.B. Sie möchte sich den Kopf am liebsten an die Wand schlagen wegen mir und meinen Zwangsgedanken. Oder alle würden unter mir extrem leiden usw. Dann erzählt sie mir beiläufig auch noch von einer Frau, die sie getroffen hat, welche Magenkrebs hatte und nun ohne Magen leben muss und extrem ausgehungert ist, obwohl sie um meine Ängste gerade davor absolut Bescheid weiß.

Was sind eure Gedanken zu meinem Leben? Was kann ich machen? Sind meine Ängste tatsächlich übertrieben?
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