Hallo, ich bin neu hier

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Moongirl

Hallo, ich bin neu hier

Beitrag von Moongirl »

Hallo an alle,

ich bin neu hier und möchte meine Geschichte hier ein bisschen aufschreiben. Das Forum hier ist sehr beruhigend, da man merkt dass man mit seinen Zwangsgedanken und Ängsten nicht allein ist.

Zu mir:

Ich bin jetzt fast 30 und Zwangsgedanken begleiten mich schon lange. Mal mehr, mal wieder weniger.

Meine Zwangsgedanken wechseln..eine Zeit lang hatte ich panische Krankheitsängste (Angst Krebs zu haben, jede mögliche Form hatte ich in Gedanken schon und war wie verrückt am googlen :? Bin zu Ärzten gerannt etc.). Als das dann weg war, hatte ich Panik mich in der Vergangenheit mit HIV angesteckt zu haben und dadurch ja auch möglicherweise (ganz bestimmt!) andere Personen angesteckt zu haben, falls ich z.B. geblutet habe und eine Türklinke kontaminiert habe. Habe mehrere HIV Tests gemacht, die negativ waren. Dadurch bzw. durch den Berater der Aidshilfe bin ich erst darauf aufmerksam geworden, dass es Zwangsgedanken bzw Zwänge gibt. Dann habe ich den Gedanken irgendwann besiegt. Dann war wieder lange Zeit nichts...wie ich lese, ist das auch typisch, dass man auch gute Phasen hat in denen man kaum oder keine ZG hat.

Dann hatte ich einen neuen Job und machte ich mich ständig verrückt, dass ich folgenschwere Fehler machen könnte. Jeder kleine Fehler war ein Drama für mich und hat mich noch sensibler gemacht. Ich musste alles doppelt und dreifach kontrollieren um die mögliche "Katastrophe" zu verhindern.
Immer der Gedanke "wegen mir....". Wegen mir wird unsere Firma in Probleme gebracht, wir müssen viel Geld zahlen, wenn ich etwas wichtiges vergesse usw.

Dann kam der Gedanke dazu mit dem Auto einen Unfall zu verursachen bzw. einen Unfall in der Vergangenheit verursacht zu haben...dieser Gedanke verfolgt mich aktuell. :-(

Es ist einfach schlimm, dass ein Gedanke den nächsten jagd und man sich da so reinsteigert. Mein Mann weiß von meinem Problem und er versteht mittlerweile grob, was es heißt Zwangsgedanken zu haben. Natürlich kann er es nicht nachempfinden. Am Anfang war er verzweifelt, weil er nicht wusste wie er mir in solchen Situationen helfen kann. Sätze wie "das wüsstest du" haben es nur noch schlimmer gemacht. Ich habe dadurch noch mehr Druck in mir aufgebaut...

Was ich weiß ist, dass meine Ängste aus meiner Kindheit kommen. Es sind viele Sachen passiert...viele Sachen, die mich bis ins Mark verunsichert haben, traurig gemacht haben und mir vermittelt haben, dass ich nicht gut bin.

Ich bin mittlerweile in Therapie, aber ich traue mich noch nicht richtig mich zu öffnen, ich tue oft lieber so als wenn alles ok ist :-/ hier fällt es mir leichter.

Liebe Grüße
Moon
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OCD-Marie
Beiträge: 262
Registriert: Di 17. Apr 2018, 19:44

Re: Hallo, ich bin neu hier

Beitrag von OCD-Marie »

Hallo,
Na dann mal willkommen im Forum ! :-)

Natürlich bist du nicht allein. Das sind ganz klassische Zwänge die du da hast - da ist nichts wirklich Kreatives oder außergewöhnliches dabei... ;-)
Ich bin mittlerweile in Therapie, aber ich traue mich noch nicht richtig mich zu öffnen, ich tue oft lieber so als wenn alles ok ist :-/
Ich denke, wir müssen hier nicht über Sinn oder Unsinn solchen Verhaltens diskutieren.
Nur soviel: machst du das zu lange, wird der Therapeut oder die Therapeutin - die du ja selbst aufgesucht hast und die dir ja auch helfen will - wahrscheinlich irgendwann angepisst sein...
Ich war mal in der Klinik. Da gabs auch so ne "Tante", der es jeden Tag "gut" ging.... Spätestens in der zweiten Woche bekommst du da als Mitpatientin sooooo nen Hals !

Und wenn es dir am Anfang soooo schwer fällt darüber zu reden - einfach deine Beiträge hier ausdrucken und deiner Therapeutin unter die Nase halten. ;-)

Der Inhalt deiner Ängste mag wechseln - aber erkennst du die Gemeinsamkeit ?
...Schuld, jemanden zu infizieren.
...Schuld, die Firma zu schädigen.
...Schuld, jemanden anzufahren.

Genau. Schuldgefühle. Daran solltest du in deiner Therapie arbeiten. (Alles weitere dazu erklärt dir deine Therapeutin)

Liebe Grüsse
Marie
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michael_m
Beiträge: 613
Registriert: Di 17. Apr 2018, 20:01

Re: Hallo, ich bin neu hier

Beitrag von michael_m »

Hallo Moon,

herzlich willkommen hier im Forum! :)

Das mit dem Auto kenne ich selber bei mir auch. Sei es z. B. die Ampel, die laut Zwang rot gewesen sein muss oder der Radfahrer, der verletzt oder gar tot auf der Straße liegt ... :roll:

Ich gebe Marie recht, du solltest schon auch versuchen deinen Therapeuten offen zu informieren. Marie hat dir ja bereits einen Tipp gegeben. Alternativ - vielleicht schaffst du es ja auch dem Therapeut zu sagen, dass du Probleme hast, dich zu öffnen. Dann kann der Therapeut auch darauf eingehen. Falls es nicht geht: Wie lange läuft die aktuelle Therapie schon?

Viele Grüße, Michael
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Yorge
Beiträge: 333
Registriert: Fr 1. Jun 2018, 23:36

Verantwortungsbewusstsein

Beitrag von Yorge »

Mir kommt tatsächlich einiges von dem was hier dargestellt wurde recht bekannt vor. Und auch mir tut es gut, mich damit nicht so alleine zu fühlen. Außerdem bin ich froh darüber, dass ich einiges davon schon hinter mich bringen konnte, aber ganz überstanden ist es eben dennoch nicht - falls das denn überhaupt möglich ist. Denn, ein krankhaftes Schuldbewusstsein (das nämlich auch dann vorhanden ist, wenn man sich gar nicht tatsächlich schuldig gemacht hat) und übertriebene Angst vor Krankheiten ist zu viel. Aber ein vernünftiges Verantwortungsbewusstsein und sich um seine und anderer Gesundheit zu sorgen ist ja was Wünschenswertes. Und das kann eben dann auch immer mal wieder zu viel werden.

Ich kenne das auch von mir, mich eher stärker und gesünder zu präsentieren als ich es bin (weniger in der Therapie als in anderen Situationen). Ist ja schon mal gut, das zu erkennen, dass man dazu neigt und vielleicht ergibt sich ja in der Therapie die Möglichkeit daran zu arbeiten. Wie sehr man sich einem anderen gegenüber öffnen kann, daran ist man aber auch nicht nur "selber Schuld" - das hängt auch von der Bereitschaft des anderen ab. Aber auch da könnte man in der Therapie daran arbeiten, sich unabhängiger davon zu machen.

Zum Thema Schuld habe ich kürzlich in einer Interview-Video-Reihe mit Raphael Bonelli in dem er sein Buch "Selber Schuld!" vorstellt einiges Wissenswertes erfahren. Allerdings betont der Autor selbst, dass es ihm dabei nicht um die pathologischen Schuldgefühle geht. Ich finde es dennoch interessant sich auch mal mit der "normalen Schuld" auseinanderzusetzen. Ich fasse mal kurz frei zusammen, was bei mir hängen geblieben ist:
Die eigenen Schuldgefühle sind was sehr intimes. So wie Schmerz einen körperlichen Schaden anzeigt, zeigen Schuldgefühle einen sozialen Schaden an. Es gehört zu einem normalen Leben dazu, dass andere an einem schuldig werden (weil man von anderen ungerecht behandelt wird) und dass ich selbst schuldig werde. Wenn ich dies nicht akzeptiere, kann es passieren, dass ich nicht davon loskomme, andere für meine Probleme verantwortlich zu machen und damit selbst nicht aktiv mein Leben so gestalte, wie es für mich passt. Und nur wenn ich akzeptiere, dass ich selbst mit dem was ich tue mich schuldig machen kann, kann ich in Freiheit leben. Ich persönlich würde es in solchen Zusammenhängen eher Verantwortung und nicht Schuld nennen, wenn ich nicht wirklich absichtlich anderen oder mir Schaden zugefügt habe (Aber wo hört die Absicht auf, das ist auch immer so eine Frage bei Zwängen).

Für mich klärt das schon etwas: Wenn ich solche Angst davor habe, dass die Möglichkeit bestehen könnte, dass ich jemanden infiziert haben könnte oder zusammengefahren haben könnte... Wenn ich das nicht aushalten würde und mir das nie verzeihen könnte, dann darf das für mich einfach nicht sein. Dann muss sich mein Hirn die ganze Zeit damit beschäftigen, diese Möglichkeit und die noch so kleinste Wahrscheinlichkeit, dass das tatsächlich sein könnte, wegzubekommen. Die Tatsache, dass so etwas passieren könnte, ist für mich nicht erträglich. Die Realität (nämlich dass das im unwahrscheilichsten Fall tatsächlich passieren/t sein könnte) muss weg. Das geht aber nicht, weil man die Realität nicht wegbekommt. Die kann man immer nur versuchen aus dem Bewusstsein zu verdrängen - auch mit dem Zwang.
Das gute Leben .. ist eine Richtung, kein Ziel. [Carl Rogers]
Moongirl

Re: Hallo, ich bin neu hier

Beitrag von Moongirl »

Hallo und danke für eure ausführlichen Antworten :)

@ OCD-Marie: Ich weiß, dass mein Verhalten da nicht zielführend ist. Ich hatte mich erst gar nicht getraut eine Therapie zu beginnen, daher ist das gerade alles etwas viel, dann gleich die Karten auf den Tisch zu legen. Es ist aber nötig, sonst wird es nicht besser.
Mein Therapeut weiß, dass ich Zwangsgedanken habe. Ich habe das schon beim ersten Termin etwas angesprochen. Ich habe ihn aber auch aufgesucht um Probleme aus der Kindheit zu bearbeiten, da sind wir jetzt erstmal gestartet. Ich werde das Thema Zwangsgedanken beim nächsten mal aber wieder ansprechen, da es momentan wieder aufgekeimt ist. Eine ganze Weile war da Ruhe..

@ michael_m: Die Therapie steht noch am Anfang. Ich habe aber das Gefühl, dass mein Therapeut gut zu mir passt, so dass ich mich ihm gegenüber öffnen werde.

@ Yorge: Das ist schön, dass du schon erfolgreich warst mit deiner Therapie. Machst du eine Verhaltenstherapie oder etwas anderes?
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Yorge
Beiträge: 333
Registriert: Fr 1. Jun 2018, 23:36

damit's gut wird/ist

Beitrag von Yorge »

Bisher ein paar Verhaltenstherapien, Gesprächspsychotherapie, ein wenig tiefenpsychologische Therapie, Lesen, Selbsthilfegruppe und das Forum.
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michael_m
Beiträge: 613
Registriert: Di 17. Apr 2018, 20:01

Re: Hallo, ich bin neu hier

Beitrag von michael_m »

Moongirl hat geschrieben: Mi 30. Jan 2019, 09:08 @ michael_m: Die Therapie steht noch am Anfang. Ich habe aber das Gefühl, dass mein Therapeut gut zu mir passt, so dass ich mich ihm gegenüber öffnen werde.
Achso, na dann scheint ja doch alles gut zu sein. :)
Eine gewisse Vertrauensbasis braucht etwas Zeit. Aber wenn du bisher ein gutes Gefühl mit deinem Therapeuten hast, dann scheinst du auf dem richtigen Weg zu sein.
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OCD-Marie
Beiträge: 262
Registriert: Di 17. Apr 2018, 19:44

Re: Hallo, ich bin neu hier

Beitrag von OCD-Marie »

Moongirl hat geschrieben: Mi 30. Jan 2019, 09:08 Ich habe ihn aber auch aufgesucht um Probleme aus der Kindheit zu bearbeiten, da sind wir jetzt erstmal gestartet.
Gut. Mit großer Wahrscheinlichkeit bestehen Verbindungen zwischen diesen Problemen und dem Zwang. Es ist wichtig, auch an den Grundlagen zu arbeiten und sich nicht nur auf den Zwang zu stürzen.
Deshalb: einfach weitermachen ! ;-)
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