Die Arbeit mit den Stühlen

Silvia
Beiträge: 205
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Die Arbeit mit den Stühlen

Beitrag von Silvia »

Hallo Leute,

im Laufe meiner Therapie, ist nun Einiges zum Vorschein gekommen, was zur Problematik/ Erhaltung meines Zwangs beiträgt.
Deshalb würde meine Therapeutin gerne mit mir den „Stuhldialog“ bzw. die „Stuhlarbeit“, ausprobieren.

Sie meinte, man könne dadurch lernen mit Gefühlen und Gedanken besser klar zu kommen, sich in andere hineinzuversetzen und Dinge auch aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

Habt Ihr diese Methode ausprobiert und dazu Erfahrungen sammeln können?

Liebe Grüße, Silvia
Nichts kann existieren ohne Ordnung,
nichts entstehen ohne Chaos.
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OCD-Marie
Beiträge: 262
Registriert: Di 17. Apr 2018, 19:44

Re: Die Arbeit mit den Stühlen

Beitrag von OCD-Marie »

Schlimm.
Schrecklich.
verstärkt die Zwänge
macht depressiv...


:mrgreen:

Nu mal im Ernst. Ist das nun die Zwängler-Natur, sich bei allem 120%ig abzusichern ? Oder vertraust du deiner Therapeutin so wenig ? Ich meine, was spricht dagegen, es auszuprobieren ?

Ich kann nur sagen:
Ran an den Speck !
Rauf auf den Stuhl !
Pack den Wasserkocher auf den Tisch ! :D

Es ist in jedem Fall eine etwas aktivere Herangehensweise als "nur" zu reden. Man ist selbst gefordert, die andere Perspektive einzunehmen. Das kann auch etwas frustrieren. Mitunter hat man erhebliche Schwierigekeiten, sich in die andere Position einzufinden. Was widerum auch wenig verwunderlich ist. Aber genau darum macht man es ja auch: um dazu zu lernen.

Also: auf geht´s !
Miranda_L

Re: Die Arbeit mit den Stühlen

Beitrag von Miranda_L »

Wie funktioniert das mit den Stühlen?
Hermann1
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Re: Die Arbeit mit den Stühlen

Beitrag von Hermann1 »

Fällt dem Therapeuten nichts mehr ein, dann greift er zu solch skurrilen Methoden.
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OCD-Marie
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Re: Die Arbeit mit den Stühlen

Beitrag von OCD-Marie »

Warum "skurrile Methoden" ???
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Yorge
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Re: Die Arbeit mit den Stühlen

Beitrag von Yorge »

Naja, ich kann mir schon vorstellen, dass das nicht für jeden was ist, sich mit Ausscheidungen zu unterhalten
- ok, war ein blöder Scherz.

Ich denke auch nicht, dass es schadet. Allerdings sind so “Imaginations“-Methoden, nenne ich das mal, auch nicht so meins und ich fände so etwas irgendwie aufgesetzt und umständlich - ist aber Geschackssache. Ich habe ja in der Therapie mit dem Therapeuten eh ein Gegenüber und da bin ich lieber mit dem in Kontakt, als mit einem Sessel - außer mit dem, auf dem ich dort sitze.
Das gute Leben .. ist eine Richtung, kein Ziel. [Carl Rogers]
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michael_m
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Re: Die Arbeit mit den Stühlen

Beitrag von michael_m »

"Stuhldialog" - hab davon bisher noch nichts gehört. Wie läuft das ab?

Grundsätzlich liegt jedem etwas anderes besser. Ich würde es an deiner Stelle auch einfach mal ausprobieren.

Bei mir war es so, dass ich Techniken/Vorgehensweisen, wo ich vorher dachte, die wären gar nichts für mich, mir aber dann doch geholfen haben (z. B. Emotion Surfing).
Andererseits gab es aber auch Momente, wo ich innerlich abgeschaltet habe. Ein Moment war da z. B. bei meiner 1. Therapie, als die Therapeutin fragte, wie denn mein Zwang aussieht, wenn er eine Person wäre und dann zum Malen anfing ... :o
Wobei es aber gewiss auch Menschen gibt, denen das widerrum weiterhilft. Ich fühlte mich aber da in einer total klischeehaften Situation - so wie sich wohl ein Außenstehender eine typische Therapiesitzung vorstellt - fehlte nur noch die Couch. ;)

Liebe Grüße, Michael
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OCD-Marie
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Re: Die Arbeit mit den Stühlen

Beitrag von OCD-Marie »

So Silvia....

...nun hast die Meinungen gehört:

* skurrile Methode
* Ausdruck therapeutischer Hilflosigkeit
* Fäkal-Taktik
* aufgesetzt und umständlich
* vielleicht doch einfach mal ausprobieren

Und was fängst du jetzt damit an ? War das nun hilfreich für dich ?
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OCD-Marie
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Re: Die Arbeit mit den Stühlen

Beitrag von OCD-Marie »

Miranda_L hat geschrieben: Do 21. Mär 2019, 18:42 Wie funktioniert das mit den Stühlen?
Hallo Miranda, hallo Michael,

das Prinzip ist recht einfach. Es gibt mehrere Stühle im Raum.
Diese können repräsentieren verschiedene Menschen (z.B. Mutter, Vater, Kind), verschiedene Sichtweisen (z.B. Sicht des Betroffenen, Sicht eines Angehörigen, Sicht eines fremden Dritten usw.) oder auch verschieden Persönlichkeitsanteile des Klienten (z.B. das überforderte Kind, der gesunde Erwachsene usw.).

Es ist oft einprägsamer, aktiv die Position zu wechseln, als dies nur rein gedanklich durchzuspielen. Und so kann man dann auch eine "Dialog" führen, indem man mehrfach den Stuhl (also die Position/Perspektive) wechselt und dem anderen "Teil" jeweils antwortet bzw. auf dessen "Verhalten" reagiert.

Das ist also weder skurril noch hilflos noch eine Art von Imaginationstechnik.

Und es gibt einen therapeutsichen Ansatz - nämlich die sog. Schema-Therapie - (welche ich auch jedem Zwängler empfehlen kann) die recht häufig so arbeitet. Ganz einfach weil man dabei mit den verschieden Persönlichkeitsanteilen in einem selbst arbeitet (es gab dazu auch schon Vorträge bei Jahrestagungen der DGZ - früher zumindest waren die Folien dazu auch downloadbar...)
Silvia
Beiträge: 205
Registriert: Mo 13. Aug 2018, 17:12

Re: Die Arbeit mit den Stühlen

Beitrag von Silvia »

Hallo Miranda, hallo Michael,

ich hab Euch jetzt mal ein paar Infos zusammengesucht:

Die „Leere-Stuhl-Arbeit“

Pearls hat die Leere-Stuhl-Arbeit aus dem Psychodrama-Ansatz von Jakob Moreno übernommen. Der leere Stuhl („empty seat“) hat die Aufgabe, die Rollen, die wir aus uns selbst verstoßen haben, und andere Menschen, die wir brauchen, um unseren Lebenstext verstehen zu können, zu vergegenwärtigen. Hierbei setzt der Klient in der Vorstellung eine Bezugsperson oder einen inneren Teil von sich selbst auf einen leeren Stuhl gegenüber und nimmt mit ihm Kontakt auf. In der Vorstellung nimmt also jener andere dort Platz, auf den sich der Klient in der Therapie bezieht oder den er anders nicht erreichen kann.

Manchmal bekommt der Klient auch den Auftrag, sich mit diesem anderen zu identifizieren und im Rollentausch einen Dialog zu führen. In diesem Fall tauscht der Klient mit der vorgestellten Person den Platz und setzt sich selbst auf den leeren Stuhl, damit er sich besser in die abwesende Person hineinversetzen kann, um zu erfahren, wie der andere eine Situation erlebt. Hier steht immer das unmittelbare Erleben und nicht die Reflexion im Vordergrund.

Eine typische Anwendungsmöglichkeit dieser Methode ist z. B. das Erleben des Klienten, dass „Sollen/Müssen“-Bewertungen im Konflikt mit Gefühlen und Bedürfnissen stehen. Häufig geht es auch um innere Konflikte nach dem Schema „antreibender Verfolger-Teil“ gegen „hilflosen, verweigernden Opfer-Teil“, in der Gestalttherapie häufig als „topdog“ versus „underdog“ bezeichnet.

Dabei kann man vier Phasen der Konfliktlösung in der Leeren-Stuhl-Arbeit unterscheiden:

1. Trennung: Die beiden Seiten des Konflikts werden identifiziert und getrennt auf unterschiedliche Stühle platziert.

2. Identifikation: Der Klient identifiziert sich nacheinander durch Wechseln der Stühle mit beiden Seiten und erkennt auch die eigene Urheberschaft für beide Seiten.

3. Kontakt/Dialog: Im Dialog der beiden Seiten kommt es zur Auseinandersetzung und Annäherung (z. B. von „Du bist ein Versager“ zu „Ich habe mir gewünscht, dass aus dir was wird“).

4. Integration: Ein Verständnis für die Bedeutung des Selbstbewertungskonflikts wird erarbeitet. Dies beinhaltet die Zurückweisung unberechtigter Kritik und Akzeptanz der eigenen Bedürfnisse und Gefühle, das Respektieren beider Aspekte.

Liebe Grüße, Silvia
Nichts kann existieren ohne Ordnung,
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