Umgang mit dem Zwang des Partners

alibi
Beiträge: 4
Registriert: Fr 14. Jun 2019, 09:28

Umgang mit dem Zwang des Partners

Beitrag von alibi »

Hallo,
ich bin mit meinem Freund seit über 4 Jahren zusammen und seit ich ihn kenne hat er eine Zwangsstörung. Eine genaue Einteilung ist relativ schwer, weil sie sehr facettenreich ist. Maßgeblich ist es jedoch so, dass quasi eine strikte Trennung zwischen der Welt draußen und unserer Wohnung stattfinden muss, d.h., dass alle Klamotten, die in der Außenwelt waren sofort ausgezogen werden müssen, wenn er die Wohnung betritt und er sich viel duscht und die Hände wäscht. So kann man es vielleicht am besten zusammenfassen. Natürlich bin auch ich davon betroffen, da ich mir auch die Hände waschen muss oder beispielsweise duschen muss, wenn wir seine Eltern besucht haben oder einen Ausflug gemacht haben. Die Erkranung ist auch nicht immer in der gleichen Intensität vorhanden. Als ich ihn kennengelernt habe war sie noch nicht so stark ausgeprägt wie jetzt, aber wir haben auch schon eine deutlich schlimmere Zeit hinter uns.
Mein Problem ist eigentlich, dass ich mich ihm gegenüber unfair verhalte, was ich auch weiß, aber nicht wieß, wie ich das ändern kann. Dazu muss ich zunächst sagen, dass er sich seit einem Jahr sehr bemüht eine Verbesserung seiner Erkrankung herbeizuführen, er geht in Therapie, war bei der Hypnose und versucht auch so jeden Tag sich seinen Ängsten zu stellen und kleine Fortschritte zu machen. Und genau da liegt das Problem. Ich sehe wie sehr er sich anstrengt und was er alles macht um die Beziehung zu stärken und mich glücklich zu machen, aber ich schaffe es nicht ihm das zu zeigen. Ich bekomme kein nettes Wort der Unterstützung über die Lippen, sondern bin direkt auf 180, wenn mal etwas nicht so läuft wie es sollte, er beispielsweise länger duschen muss.
Wir hatten in letzter Zeit immer wieder Gespräche darüber, dass er damit nicht zurecht kommt und nicht derjenige sein will, der seine Freundin dauerhaft nervt. Er hat das Gefühl mich nicht mehr glücklich zu machen und das will er für mich nicht. Ich kann ihn da auch vollkommen verstehen und empfinde mich selbst auch als unfair ihm gegenüber, aber schaffe es nicht dieses Verhalten abzulegen.
Habt ihr vielleicht einen Tipp für mich, wie ich es schaffe ihm wieder ein bisschen mehr entgegen zu kommen ? Ich will die Beziehung nicht aufgeben, weil er ansonsten das Beste ist was mir je passiert ist und ich auch sehe wie viel Kraft und Energie er jeden Tag investiert.
Liebe Grüße
Miranda_L

Re: Umgang mit dem Zwang des Partners

Beitrag von Miranda_L »

Hallo alibi,

erstmal herzlich willkommen im Forum.
Das was du da beschreibst ist wohl ein recht typischer Effekt in Beziehungen mit psychisch Kranken

Einerseits ist es oft so, dass der Zwängler, wenn er einmal dem Zwang nachgibt, vorher den Zwang mehrmals erfolgreich bekämpft hat. Was anstrengend ist und meistens dem Gesunden nicht großartig auffällt.
Der Effekt ist dann ja ein für einen gesunden Menschen normales Verhalten.
Wenn der Zwängler es dann mal nicht schafft, was für ihn selbst schon niederschmetternd ist, muss er auch noch ertragen, dass der Partner genervt ist.
Aus diesem Standpunkt heraus ist das genervt sein natürlich alles andere das fair gegenüber dem Kranken.

Aber ...
Andererseits ist auch der Gesunde in der Beziehung kein Superheld mit Superkräften, sondern ein Mensch, der ebenfalls eine Psyche hat, auf die man aufpassen sollte.
Wenn du permanent von Kleinigkeiten genervt bist, ist das eine Warnung deiner Psyche.
Dann solltet ihr versuchen, dir Raum zu schaffen, um wieder Energie zu tanken.
Es ist anstrengend, mit einem chronisch Kranken zusammenzuleben. Und es ist leider auch so, dass Angehörige vor Rücksicht auf den Kranken oft ihr eigenes Wohlergehen ausser Acht lassen.

Vielleicht ist es gut, wenn dein Partner deine Gereiztheit mit seinem Therapeuten bespricht.
Vielleicht ist es auch eine Idee, wenn du dir selbst professionelle Hilfe suchst.
Vielleicht hilft es auch, wenn du seinem Wunsch, dass du seinen Zwang unterstützt seltener nachgibt ... Vor allem dann, wenn es viel Zeit in Anspruch nimmt ... Wie das Duschen nach den Kontakt zur Aussenwelt.
Letztendlich muss er ja eh wieder lernen, mit solchen Dingen zurechtzukommen.

Liebe Grüße
Miranda
alibi
Beiträge: 4
Registriert: Fr 14. Jun 2019, 09:28

Re: Umgang mit dem Zwang des Partners

Beitrag von alibi »

Danke für deine Worte.

Grundsätzlich ist es einfach so, dass ich manchmal gar nicht weiß wohin mit meinen ganzen Gedanken. Das war ehrlich gesagt auch der grund, warum ich mich hier angemeldet habe. Zwar habe ich Freunde mit denen ich reden kann, aber dafür muss man natürlich die Tragweite der Erkrankung und die Auswirkungen vor ihnen ausbreiten. Und dann überlegt man sich zweimal, bei wem man das in dieser Ar und Weise machen möchte. Ich muss auch sagen, dass ich etwas enttäuscht von meiner Familie bin, obwohl ich sie andererseits auch nachvollziehen kann. Erst letztens hatte ich ein Gespräch mit meiner Mutter über unsere Zukunft (wir sind beiden Ende 20) und sie hat mir ganz deutlich gemacht, dass sie meinen Freund beispielsweise nicht als Vater sieht und es auch für keine gute Idee hält, dass wir uns jetzt eine gemeinsame größere Wohnung suchen (momentan wohnen wir zusammen in meiner 30 qm Wohnung, was der allgemeinen Situation auch nicht grade zuträglich ist) wollen. Die Aussage hat mich natürlich zum Nachdenken gebracht. Obwohl ich verstehen kann, dass sie sich nur Sorgen um mich macht und als Mutter natürlich das beste für mich will, führt es dazu, dass ich immer zwischen den Stühlen sitze. Ich habe immer das gefühl, dass ich mich dafür rechtfertigen muss, dass ich keinen gesunden Freund habe wie meine Schwester. Ständig werden die beiden miteinander verglichen und ich werde darauf aufmerksam gemacht, dass mein Freund beispielsweise nicht beim Abwasch hilft. Im Endeffekt führt es dazu, dass ich sofort in einen "Überwachungsmodus" verfalle, wenn er zu Besuch bei meinen Eltern ist, weil ich ihnen alles Recht machen will.

Ich habe ehrlich gesagt schon überlegt, ob ich mich mal nach einer Selbsthilfegruppe für Angehörige umsehen soll, weil es so kompliziert ist mit Leuten zu reden, die keinerlei Anknüpfungspunkte zur Krankheit haben. Vielleicht hilft es mir auch, wenn ich meke, dass ich mit meiner Gefühlswelt nicht alleine bin.
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Yorge
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Alles aus Liebe

Beitrag von Yorge »

Ich finde es sehr angenehm, wie du über euer Leben und deine Gedanken und Gefühle schreibst. Hast du schon mal überlegt, deinem Partner, das was in dir so vorgeht, in ähnlicher Weise, wie uns hier, zu offenbaren? Ich kann schon auch nachempfinden, dass das oft gar nicht so leicht ist. Es ist ja schon mal schön, dass du eine so wohl-überlegte und wohlwollende Haltung hast und das wird er schon auch spüren. Das was dann bei den Zwängen oft “herauskommt“ sind dann leider eher sehr harte Kämpfe - ich versuche mich dann doch immer wieder darauf zu besinnen, dass auch diese Zankereien eigentlich aus Liebe passieren - das glaube ich wirklich.
Das gute Leben .. ist eine Richtung, kein Ziel. [Carl Rogers]
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OCD-Marie
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Registriert: Di 17. Apr 2018, 19:44

Re: Umgang mit dem Zwang des Partners

Beitrag von OCD-Marie »

Hallo !

Du hast das schon gut selbst erkannt: du brauchst selbst Unterstützung.

Was du hier beschreibst ist eine komplexe psychodynamische Situation. Die Krankheit deines Freundes und die Probleme, welche damit einhergehen. Dazu noch mit nem Waschzwängler - auf gerade mal 30 qm.
Dazu die Konflikte mit und die emotionale Abhängigkeit zu deinen Eltern (Ansprüche etc.; wobei ich gestehen muss, dass ich die Sorgen deiner Mutter vollauf verstehe).

In so einer Situation ist es nicht mit dem ein oder anderen "Tip" getan. Und auch eine Selbsthilfegruppe ist nicht wirklich zielführend, da es hier primär um deine eigenen Probleme und Konflikte geht.
Miranda hat ja schon vorgeschlagen, dass es "vielleicht" eine Möglichkeit wäre, dich selbst in Therapie zu begeben.
Ich möchte hier entschieden einen Schritt weitergehen: Ich halte es in deiner Situation für den einzig sinnvollen Weg. Es wäre wichtig, dein eigenes Chaos aufzuarbeiten. Die Situation mit deinem Freund wird sich dann von ganz alleine verändern.

Liebe Grüsse
Marie
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michael_m
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Re: Umgang mit dem Zwang des Partners

Beitrag von michael_m »

Hallo alibi,

herzlich willkommen hier im Forum! :)

Das ist wirklich schon eine verzwickte Situation für dich und wahrscheinlich auch für deinen Freund. Dazu noch die Sache mit dem fehlenden Rückhalt deiner Eltern ...

Wichtig ist, dass du auch auf dich achtest. Versuche auch, dich nicht in die Zwänge deines Freundes einbinden zu lassen. Das ist langfristig weder für dich noch für ihn gut.

Ich sehe es nicht so extrem wie Marie. Eine Therapie für dich mag eine Option, aber es wird wohl auch nicht die einzige Möglichkeit sein.
Ich persönlich ziehe viel Kraft aus meiner SHG (als Betroffener). Wenn du eine SHG für Angehörige in der Nähe hast (http://www.zwaenge.de/selbsthilfe/1025.htm), würde ich es an deiner Stelle ausprobieren.
Denn wie du schon geschrieben hast, für Außenstehende sind Zwänge oft schwer nachvollziehbar. Man kann hier, soweit das Vertrauensverhältnis passt, es mal probieren, aber in einer Gruppe mit Menschen in ähnlicher Lage, fällt das Reden oft leichter.

Viele Grüße, Michael
Miranda_L

Re: Umgang mit dem Zwang des Partners

Beitrag von Miranda_L »

Hallo alibi,

auch wenn ich, wie Marie auch, die Einstellung deiner Mutter gewissermaßen nachvollziehen kann, würde mir die Einflussnahme deiner Mutter entschieden zu weit gehen.
Immerhin bist du lange erwachsen und darfst und musst deine eigenen Entscheidungen treffen. Da darf niemand anderes beurteilen, ob ein Partner der Richtige für dich ist, oder nicht.
Auch die Situation, die du beschreibst, wenn ihr bei deinen Eltern zu Besuch seid, ist für einen psychisch kranken mehr als belastend.
Das Wissen, nicht gut genug zu sein und sich ständig beweisen zu müssen, können sogar zu einer Verschlimmerung von Zwängen und Depressionen führen.
Wenn man sich ein Bisschen mit zwanghaftem Verhalten auseinandersetzt, tauchen derartige Situationen im Elternhaus auch immer wieder in Vorgeschichten der Betroffenen auf.

In solch einer Sitation würde ich versuchen, meinen Eltern klare Grenzen zu setzen und dann auch klar Partei für meinen Partner ergreifen.
Ihr liebt euch, ihr seid jetzt die Hauptfamilie. Eure Eltern müsst ihr nicht glücklich machen.

Die Idee mit einer größeren Wohnung halte ich für eine sehr gute Idee.
Ich habe vvor nicht allzu langer Zeit auch mit meinem Partnerin einer Single-Wohnung gewohnt und muss sagen, dass allein der Unstand, dass wir jetzt in einer größeren Wohnung leben, recht viel Druck aus der Zwangssituation herausgenommen hat.
Auch der Umstand, dass es jetzt möglich ist, sich ein wenig zurückzuziehen, hilft hin und wieder enorm.
Eng aufeinanderzuhocken war für mich auf Dauer ein großer Stressfaktor.

Stress, in welcher Form auch immer, macht Zwänge schlimmer. Wenn ihr es also schafft, allgemeinen Stress zu reduzieren, wird das sich auch positiv auf die Zwänge auswirken.

Ein Kind in eine Beziehung mit einer chronisch kranken Person hineinzusetzen, halte ich persönlich aber nicht für die beste Idee.

Es gibt in diesem Forum zwei Threads, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen. Hier gehen die Meinungen der Forenmitglieder ein wenig auseinander.
Wenn ich etwas mehr Zeit habe, ergänze ich die Links dazu.

Liebe Grüße
Miranda
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OCD-Marie
Beiträge: 262
Registriert: Di 17. Apr 2018, 19:44

Re: Umgang mit dem Zwang des Partners

Beitrag von OCD-Marie »

Na,

Michaels Beitrag hat mich an ein Zitat eines Deutschlehrers von früher erinnert. Wenn es um den Aufbau einer Argumentation ging hat er gerne gesagt: Wer "wohl" schreibt, dem ist unwohl. Soll heissen, er/sie ist sich selbst nicht sicher, ob sein/ihr Argument wirklich begründet ist...
Miranda_L hat geschrieben: Sa 15. Jun 2019, 10:20 In solch einer Sitation würde ich versuchen, meinen Eltern klare Grenzen zu setzen und dann auch klar Partei für meinen Partner ergreifen.
Das ist doch gerade das Problem von alibi. Sie weiss, dass ihr Verhalten ihm gegenüber nicht in Ordnung ist, kann es aber trotzdem nicht ändern. Ganz einfach, weil der Grund dafür in der starken emotionalen Verknüpfung mit den Eltern liegt.
Miranda hat zwar schon recht. Aber für alibi ist der Tip vergleichbar, als ob man einem Zwängler sagt, er dürfe dem Zwang nicht nachgeben. Für die ganz "Neuen" mag das ja noch ein Erkenntnisgewinn sein, viele der anderen werden jedoch sagen "Auch wenn ich es weiss, funktionieren tut es trotzdem nicht !". Und so geht es ja auch alibi...

Alibi leidet unter den Ansprüchen ihrer Eltern (oder dem, was sie als solche empfindet). Weil sie immer verglichen wird fällt sie schon in einen "Überwachungsmodus", fühlt sich "zwischen den Stühlen" sitzend und hat das Gefühl sich immer wieder "rechtfertigen" zu müssen.
Was sie hier beschreibt geht deutlich über gewöhnliche familiäre Differenzen und Reibereien hinaus. Sie ist emotional noch sehr verstrickt mit ihren Eltern. Trotz ihres Alters. Sie bräuchte also eine kundige Person, die sie hierbei unterstützt. Und auch dann noch wird dieser (machmal schmerzhafte) Abnabelungsprozess eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen.

Alibis Problem hat primär nicht damit zu tun, dass ihr Freund Zwänge hat. Das ist austauschbar. Gegen eine Alkoholiker, einen Obdachlosen, einen Magersüchtigen, usw.... und vermutlich auch gegen jeden Mann mit niedriger Bildung oder gar ohne Berufsausbildung (jedenfalls in dem Alter dann).... Auf all diese Männer würden ihre Eltern vermutlich ähnlich reagieren.

Deshalb ist hier meiner Meingung nach eine Selbsthilfegruppe für Angehörige nicht zielführend (falls sie überhaupt zu den wenigen Menschen gehört, in deren Nähe eine solche Gruppe existiert). Auch ihre Freunde im gleichen Alter leiden im Zweifel selbst unter ähnlichen Situationen und suchen nach einer Lösung. Die Eltern scheiden zunächst erst einmal ganz aus.... und wer bleibt dann noch übrig ?
Sinnvoll im Sinne von zielgerichtet und professionell bleibt daher meiner Meinung nach nur eine "richtige" Therapie. Das müssen ja keine 100 Sitzungen sein...
Natürlich kann man es auch mit Freunden, ner Selbsthilfegruppe oder Büchern probieren. Aber ich fürchte, am Ende vertrödelt sie damit nur ihre Zeit...


So, alibi, nun noch ein paar Worte direkt an dich:

Es ist ja schön, wenn sich dein Freund bemüht. Vermutlich hat er schon viel länger als die vier Jahre Zwänge. Vielleicht schon seit seiner Kindheit. Und es scheint in den vier Jahren nie halbwegs gut gewesen zu sein. Eher so ein auf und ab... Es ist also schwer zu sagen, ob er tatsächlich Fortschritte macht oder seine Symptomatik gerade nur etwas rückläufig ist. Und - das solltest du an dieser Stelle auch einmal wissen - sollte er schon seit seiner Kindheit an Zwängen leiden, dann wäre seinen Prognosen nicht gerade besonders gut !
Es wäre ja beruhigend, wenn er sich nur anzustrengen bräuchte, und irgendwann hätte er die Zwänge besiegt. Dafür gibt es jedoch keinerlei Garantie. Ich habe auch schon Leute gesehen, die sind schlechter aus der Klinik raus als rein !
Dier steht also möglicherweise ein Leben bevor, in dem die Situation tendentiell eher schlechter als besser wird. Kämst du damit wirklich klar ? Ist es wirklich das, was du möchtest ?

"Ansonsten das Beste was dir je passiert ist"... Nun ja... das Problem dabei ist, dass man dies immer erst hinterher wirklich beurteilen kann. Das geht nur in der Rückschau. Wer weiss, was das Leben nicht noch alles Gutes und "Bessers" bereit halten würde, wenn man nur offen und empfänglich dafür wäre.... ? Ich meine, deine Haltung ist eher Angst-motiviert. Trotz allem Leid, Stress, Theater, allen Einschränkungen und auferlegten Zwangs-Regeln... lieber festhalten - es könnte ja noch schlimmer kommen.
Was ist es denn genau, was du da als "Liebe" bezeichnest ? Welche Ängste, Sorgen, Nöte, Befürfnisse stecken da vielleicht dahinter ? Und ist das wirklich gesund und konstruktiv ?
Und fällt es dir eigentlich leicht "nein !" zu sagen ?

Was mich auch nachdenklich macht ist der Einwand deiner Mutter, er würde sich nicht am Abwasch beteiligen. Ein Waschzwängler der nicht "gerne wäscht" ? hmmm.... Gibt es da vielleicht noch andere "Kritikpunkte" deiner Eltern, die so erst einmal nichts mit dem Zwang zu tun haben ? Weisst du, meist haben die Leute von außerhalb einen etwas besseren Blick auf die tatsächliche Situation, als man selbst...

Und schließlich möchte ich mich auch dieser Meinung von Miranda anschliessen: "Ein Kind in eine Beziehung mit einer chronisch kranken Person hineinzusetzen, halte ich persönlich aber nicht für die beste Idee."

Liebe Grüsse
Marie
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Yorge
Beiträge: 333
Registriert: Fr 1. Jun 2018, 23:36

Kritisches

Beitrag von Yorge »

Ein Kind kann nicht gleich sitzen, wenn es auf die Welt kommt.
Das gute Leben .. ist eine Richtung, kein Ziel. [Carl Rogers]
alibi
Beiträge: 4
Registriert: Fr 14. Jun 2019, 09:28

Re: Umgang mit dem Zwang des Partners

Beitrag von alibi »

Erstmal vielen Dank für die ganzen Antworten. Ich bin total überwältigt von eurer Anteilnahme.
Zunächst möchte ich erstmal ein paar grundlegende Sachen mitteilen, damit die Einschätzung der Situation ein bisschen leichter fällt. Mein Freund hat die Zwänge seit er circa 6 Jahre alt ist, was nicht wirklich positiv zu der ganzen Sache beiträgt wie ich weiß. Zu meinen Eltern muss ich sagen, dass sie wahrscheinlich in Bezug auf mich etwas überprotektiv sind (insbesondere meine Mutter), weil ich in der Jugend echt Probleme hatte und früher keine starke Persönlichkeit war. Ich habe auch schonmal eine Therapie gemacht, auch mit meiner Mutter zusammen, was mir und ich glaube auch unserer Beziehung sehr geholfen hat. Meine Mutter hat mir immer sehr viel abgenommen und Dinge für mich geklärt, auch wenn sie übergriffig waren, wodurch ich von ihr das gefühl vermittelt bekommen habe, dass sie mir Sachen nicht zutraut. Das hat sich auf jeden Fall gebessert, aber manchmal verfällt sie noch in alte Muster. Ich glaube ich werde nicht darum herum kommen mit ihr offen und ehrlich zu reden. Ich denke es würde mir viel leichter fallen mich zu Hause falen zu lassen, wenn ich nicht immer das Gefühl hätte, dass ich es meinen Eltern Recht machen muss. Vielleicht muss ich mich davon auch einfach ein bisschen frei machen.

Ich weiß auch, dass ich nicht erwaten kann, dass die Zwänge irgendwann komplett weg sind. Er wird wahrscheinlich immer mit bestimmten Sachen ein Problem haben oder ein bisschen länger duschen als andere, aber das ist auch nicht das Problem. Ich will einfach, dass der Umgang zwischen uns beiden nicht mehr so verhärtet ist. Eine Therapie zu machen kommt für mich im Moment noch nicht in betracht. Ich schließe es aber für die Zukunft nicht kategorisch aus, weil ich weiß, wie hilfreich es ein kann. Aktuell möchte ich erstmal gucken, wie sich die Situation entwickelt, wenn wir eine größere Wohnung gefunden haben. Diese ununterbrochene Nähe ohne die Möglichkeit eines Rückzugsortes ist einfach nicht förderlich. In der letzten Zeit (1Jahr)war es grundsätzlich kein Problem, weil wir beide so viel zu tun hatten, dass wir uns quasi nur zum Schlafen gesehen haben, aber jetzt hat er grade frei und ich muss wieder anfangen zu lernen. Diese Beengtheit führt natürlich auch dazu, dass ich alles sehe was er macht und er im Gegenzug auch jeden Handgriff von mir mitbekommt, sodass es zu einer ständigen Überprüfung von beiden Seiten kommt (ich sehe jedes Stocken und Überlegen seinerseits und mache ihn darauf aufmerksam was denn jetzt schon wieder los ist, obwohl er vielleicht einfach nur mal eine Minuten nachdenken muss).
Er hat sich jetzt entschieden zwei Monate auf Reisen zu gehen und in der Zeit werde ich mir nocheinmal Gedanken über alles machen.
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