Festgefahren

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Silvia
Beiträge: 205
Registriert: Mo 13. Aug 2018, 17:12

Festgefahren

Beitrag von Silvia »

Hallo allerseits,

ich muss immer wieder feststellen, wie festgefahren ich in meinem Leben eigentlich bin.
Kleinste Veränderungen, die einfach so ohne Vorwarnung passieren, werfen mich ziemlich schnell aus der Bahn.
Dinge die ich mir bewusst vornehme und umsetze sind natürlich ungewohnt, aber machbar.
Andererseits habe ich es ziemlich satt, wie manche Dinge so laufen...

Wie ist das bei Euch?
Sind Zwängler einfach Gewohnheitstiere, weil die Routine und das immer Gleiche einfach Sicherheit gibt?

Oder liegt es dann doch an mir, meinen Lebensumständen, meiner festgefahrenen Situation und der „Angst“ vor Veränderung?

Haut mal in die Tasten... ;)
Nichts kann existieren ohne Ordnung,
nichts entstehen ohne Chaos.
Hermann1
Beiträge: 69
Registriert: Di 18. Dez 2018, 19:19

Re: Festgefahren

Beitrag von Hermann1 »

Moin Sylvia,

du triffst mit deiner Eigenfeststellung des Festgefahrenseins sprichwörtlich den Nagel auf den Kopf.

Wenn ich mein Leben Revue passieren lasse, dann muß ich feststellen, daß ich gerade in meinen "jungen Jahren" derart in ein Klischee eingepreßt war, daß ich mich nicht wundern muß, mich mit Zwängen "infiziert" zu haben. Wenn ich alte Bilder sehe, dann läuft es mir zuweil kalt über den Rücken, in welcher Tretmühle ich mich überhaupt befunden habe. Nur ist es wichtig festzustellen, daß andere Menschen (mit Ausnahme des Erziehungszeitraumes) an diesem Verhalten keine Schuld trifft. Wichtig ist nur, daß man zu der Überzeugung gelangt, daß man diesen Zustand unbedingt ändern muß. Unsere Gefühle "vereisen" auf diese Weise und wehren sich "zwangs"läufig. Um mich nicht miss zu verstehen, du solltest deshalb nicht mit allem brechen, was dich umgibt, sondern deinen Zustand ändern, indem du Dinge tust, die du zuvor kaum gemacht oder dich nicht getraut hast, diese zu machen. Einfach mal aufräumen !Zieh dir ein exzentrisches Kleidungsstück an, und sei ein Individuum, du mußt dich dafür nicht rechtfertigen. Sag auch mal Dinge, über die sich andere vielleicht wundern ….

Alles liegt an und in dir. Trau dich !
tzak
Beiträge: 29
Registriert: Mi 27. Feb 2019, 17:08

Re: Festgefahren

Beitrag von tzak »

Ich denke, dass wir Zwängler alle unsere Routinen brauchen bzw. in der Vergangenheit gebraucht haben.
Jegliche Unsicherheiten bringen unseren Alltag durcheinander und der Zwang kickt rein, aber genau das brauchen wir, um den Zwangalltag endlich zu durchbrechen. Sonst geht es jeden Tag so weiter. Und wie ich das so mitbekommen habe, ist da jeder Mensch anders und bei manchen geht es relativ schnell und manche brauchen Monate oder gar Jahre, um ihr Verhalten zu ändern.

Irgendwann muss man den Mut finden und es durchbrechen, auch wenn es unmöglich erscheint.
Silvia
Beiträge: 205
Registriert: Mo 13. Aug 2018, 17:12

Re: Festgefahren

Beitrag von Silvia »

Moin Moin Hermann,

in ein Klischee eingepresst zu sein, kommt mir bekannt vor. In meiner Kindheit wurde all das wunderbar vollbracht.
Ohne jetzt abwertend oder verurteilend meinen Eltern gegenüber zu sein, aber die heile Welt (nach außen hin) musste stets gewährt sein.
Man durfte nichts tun, um auf zu fallen oder aus der Reihe zu tanzen.
Es musste ein spießig, heiliges Familienleben nach außen hin sein.
Ich habe lange gebraucht um zumindest zum Teil zu verstehen, warum meine Eltern (insbesondere meine Mama) so sind/ ist.
Das ich das Vergangene besser ruhen lasse und es einfach so akzeptiere, wie es ist.
Auch hilft es mir nicht weiter, die Schuld bei meinen Eltern abzuwälzen, bzw Ihnen für irgendetwas die Schuld zu geben.
Sie haben Ihr Bestes getan, nach Ihren Ansichten, genauso wie ich es jetzt versuche, für meine Kinder zu tun.
Wenn mich meine Therapeutin nach meiner Kindheit fragt, kommt viel prägendes und wenig emotionales. Wenn meine Therapeutin meine Mama dazu fragen würde, würde sie bestimmt sagen, dass es anders war.
Es ist nämlich nicht immer entscheidend wie es genau war, sondern wie man es wahr genommen hat, was bei uns hängen geblieben ist.
Würde man meinen etwas älteren Bruder dazu befragen, würde er sicherlich auch anders antworten, als ich.

Jetzt bin ich etwas abgekommen, sorry.
Was ich eigentlich sagen wollte ist, dass ich mein halbes Leben lang in irgendwelche Schubladen gesteckt wurde, um ja nicht aufzufallen.
Wenn ich ausgebrochen bin, gab es sofort eins auf den Deckel.
Wenn ich was anders gemacht habe, als von mir erwartet, wurde ich dafür abwertend verurteilt. Wenn ich etwas nicht mehr machen wollte, weil ich es nicht für wichtig oder richtig ansah, wurde mir ins Gewissen geredet....

Ich könnte da ganz ganz viele Beispiele aufzählen, was den Rahmen hier aber sprengen würde.

Aber vielleicht ist ja auch genau dieser Ansatz, der Baustein, für ein weiteres Stück Richtung zwangsfreieres Leben.
Nichts kann existieren ohne Ordnung,
nichts entstehen ohne Chaos.
Silvia
Beiträge: 205
Registriert: Mo 13. Aug 2018, 17:12

Re: Festgefahren

Beitrag von Silvia »

tzak hat geschrieben: So 7. Jul 2019, 20:58 Ich denke, dass wir Zwängler alle unsere Routinen brauchen bzw. in der Vergangenheit gebraucht haben.
Jegliche Unsicherheiten bringen unseren Alltag durcheinander und der Zwang kickt rein, aber genau das brauchen wir, um den Zwangalltag endlich zu durchbrechen. Sonst geht es jeden Tag so weiter. Und wie ich das so mitbekommen habe, ist da jeder Mensch anders und bei manchen geht es relativ schnell und manche brauchen Monate oder gar Jahre, um ihr Verhalten zu ändern.

Irgendwann muss man den Mut finden und es durchbrechen, auch wenn es unmöglich erscheint.


Hallo tzak,

den Mut zu finden, den Zwangsalltag zu durchbrechen, ist kein leichtes Spiel.
Unsicherheiten und Ungewohntes ist für mich mit enormen Ängsten verbunden.

Mein Alltag, davon den Zwang mal komplett ausgenommenen, ist total starr und festgefahren.... ich würde so gerne etwas daran ändern und muss auch etwas daran ändern, aber wie?!
Nichts kann existieren ohne Ordnung,
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OCD-Marie
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Re: Festgefahren

Beitrag von OCD-Marie »

Silvia hat geschrieben: Mo 8. Jul 2019, 16:42 ... ich würde so gerne etwas daran ändern und muss auch etwas daran ändern, aber wie?!

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tzak
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Re: Festgefahren

Beitrag von tzak »

Das was Marie schreibt.
Mehr kann man dazu wirklich nicht sagen und ja: es ist so "einfach" gesagt, aber am Ende ist das der einzige Weg, wie man aus diesem täglichen Trott rauskommt. Irgendwann muss man den Mut zusammennehmen und es aushalten, auch wenn es für einen die Hölle ist.

Klingt hart, ist aber die Wahrheit.
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Yorge
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Registriert: Fr 1. Jun 2018, 23:36

Re: Festgefahren

Beitrag von Yorge »

Du würdest so gern was ändern und du musst - das würde ich mir schon noch einmal kurz überlegen / nachspüren, weil's darauf ja schon ankommt, ob das wirklich du ändern willst oder ob du oder andere dich zur Veränderung zwingen - oder, ob dann nicht doch ein Kompromiss besser wäre. Etwas Wagnis und ein gewisses Unbehagen aushalten, das wird's tatsächlich trotzdem immer wieder mal brauchen, da stimme ich zu.
Das gute Leben .. ist eine Richtung, kein Ziel. [Carl Rogers]
tzak
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Registriert: Mi 27. Feb 2019, 17:08

Re: Festgefahren

Beitrag von tzak »

Yorge hat geschrieben: Mo 8. Jul 2019, 21:20 Du würdest so gern was ändern und du musst - das würde ich mir schon noch einmal kurz überlegen / nachspüren, weil's darauf ja schon ankommt, ob das wirklich du ändern willst oder ob du oder andere dich zur Veränderung zwingen - oder, ob dann nicht doch ein Kompromiss besser wäre. Etwas Wagnis und ein gewisses Unbehagen aushalten, das wird's tatsächlich trotzdem immer wieder mal brauchen, da stimme ich zu.
Als Zwängler wird man immer eine gewisse Anfälligkeit für Zwangsgedanken haben. Was man aber lernt ist mit diesen Gedanken umzugehen und diese auszuhalten, denn nur so läuft es. Es gibt da kein Kompromiss, denn das wäre das übliche "weiter so" und wird damit enden, dass man niemals den Absprung schafft und ein Leben das macht, was der Zwang will.
Bei manchen dauert der Absprung länger als bei anderen, aber irgendwann muss man mit den Ausreden aufhören und den Mut für diesen wichtigen Schritt haben.
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michael_m
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Re: Festgefahren

Beitrag von michael_m »

Ich habe keine generellen Probleme mit Veränderungen. Besonders problematisch sind bei mir aber unvorhergesehene Veränderungen. Und sei es nur, dass der geplante Tagesablauf geändert werden muss. Beispiel: Defektes Abblendlicht am Auto.

Insofern ist mein Problem eher die Spontanität. Horror ist für mich, wenn ich mich mit einer Bekannten abends treffe und sie sagt, wir machen die genaue Uhrzeit kurz vorher spontan aus.

Hinter dem Problem steckt wohl der (gefühlte) "Kontrollverlust".
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