Angst vor Radioaktivität

Radiowelle

Angst vor Radioaktivität

Beitrag von Radiowelle »

Hallo zusammen,

ich bin mit meiner Frau über 30 Jahre zusammen. Wir haben 2 Kinder, eines noch im Haus. Meine Frau leidet unter der Vorstellung, dass etwas kontaminiert sein könnte. Dies geschieht häufig in Zusammenhang mit Situationen, in denen Sie mal "Nein" sagen muss. Der Paketbote schmeisst was vor die Tür, sie beschwert sich bei ihm und ab da ist eine normale Annahme der Post nicht mehr möglich. Post, die nicht direkt aus den Händen der Postbotin kommt (andere Person als Paketbote) wird weggeschmissen oder wichtige Sachen müssen abfotografiert werden. Dazu kann ich ziemlich viele Beispiele aus anderen Bereichen des täglichen Lebens aufzählen. Mittlerweile sind viele Elektrogeräte und auch Räume oder Installationen aus dem Sanitärbereich nicht mehr nutzbar, da diese scheinbar auch kontaminiert sind. Dazu gehören auch Fenstergriffe usw. Diese dürfen von uns nicht angefasst werden und wenn doch, verursacht das einen sichtbaren körperlichen Erregungszustand der von Weinkrampf bis Hyperventilation, fast Kontrollverlust reicht. Unsere Familie hat sich leider diesen Bedingungen angepasst und wir haben Räumlichkeiten nicht mehr betreten. Vor einigen Jahren stand meine Frau auf einmal vor mir und erklärt mir, dass Sie wegen einer alten Krise in unserer Beziehung ( zu diesem Zeitpunkt bereits 20 Jahre her) nicht mehr zusammensein kann. Wir haben dann 2 Monate gebraucht um wieder einen gemeinsamen Weg zu finden. Die Störungen wurden aber immer präsenter und damit einher gingen immer wieder aufflammende Streitereien um nun sagen wir "alte Schulden", die sich in einer so langen Beziehung immer finden. Im letzten Jahr tauchte ein neues Motiv auf, das sich mit den zugegebenermassen schwierigen Verhältnis zwischen uns in den ersten Jahren beschäftigt. In der Summe habe ich im Moment damit zu kämpfen, dass meine Frau mir quasi alles vorhält und mir aufzeigt wieviel Schuld ich in mir trage und wieviel Leid ich ihr angetan habe, sie spricht von psychischer Misshandlung. Ich habe den Eindruck, dass Sie ja mich irgendwie als Ventil benutzt, das ihr Linderung im Umgang mir Ihrer Angst vor Radioaktivität, ausgebracht von anderen missgünstigen Menschen verschafft. Vernünftige Gespräche sind selten und gipfeln in der Anschuldigung, dass ich an Ihrer Angststörung schuld bin.
Die Spannungen haben nun zu meinem Aus in der Beziehung geführt.
Ich würde mich über Zuschriften sehr freuen und ggf. einen Erfahrungsaustausch
Miranda_L

Re: Angst vor Radioaktivität

Beitrag von Miranda_L »

Hallo Radiowelle,

erstmal herzlich willkommen im Forum. Solch ein Verhalten ist bei Kontaminationsängsten, unabhängig vom Thema der Angst, nicht ungewöhnlich.
Schade ist es, dass ihr euch so stark auf ihre Zwangsregeln eingelassen hat.
Es ist eine Sache, sich einmal zusätzlich die Hände zu wachen, weil der Zwangskranke sich dann ein wenig wohler fühlt. Es ist aber eine ganz andere Sache, sein ganzes Leben aufgrund der Zwänge eines anderen umzugestalten.
Das ist leider für beide Seiten sehr ungesund.

Nach deiner Erzählung zu urteilen, hört es sich so an, als seie deine Frau nicht in Behandlung. Wenn das so ist, wäre wahrscheinlich der sinnvollste erste Schritt, das Problem einem Spezialisten vorzustelen.
Man kann da direkt zum Hausarzt gehen und sich eine Überweisung ausstellen lassen. Der gibt einem dann meistens auch gleich eine Liste von Therapeuten mit, die man dann abtelefonieren kann.
Von alleine wird so etwas in der Regel nicht verschwinden. Vor allem nicht, wenn es so weit ausgeprägt ist.

Alles Gute
Miranda
Radiowelle

Re: Angst vor Radioaktivität

Beitrag von Radiowelle »

Hallo Miranda,

nein Sie ist nicht in Behandlung. Sie achtet sehr darauf, dass keiner ausser uns in der Familie von der Störung erfährt. Wir werden von Ihr immer darauf hingewiesen, dass sie das nicht möchte. Im Moment hat sich ein Prozess ergeben, bei dem meine Frau mir vorwirft ich hätte sie in den ersten jahren unserer Beziehung emotional misshandelt. Wir hatten in den ersten Jahren häufig Trennungen und dieses Verhalten wirft sie mir jetzt vor. Sie hat sich im Internet belesen und hat bei mir eine Persönlichkeitsstörung festgestellt.
Ich bin ziemlich ratlos auch wenn ich natürlich nicht immer alles richtig gemacht habe.
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Antonia
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Wohnort: Hamburg

Re: Angst vor Radioaktivität

Beitrag von Antonia »

Hallo Radiowelle!

Schön, dass Du hier bist.
Du kannst Dich auch selbst an einen Psychotherapeuten wenden, der Dir hilft mit der Situation Zuhause anders umzugehen.
Seit April soll jeder niedergelassene Therapeut zusätzlich sogenannte -Beratungsstunden- anbieten. Diese Beratungen beträgt pro Termin 25 Minuten und man kann bis zu 6 Beratungsstunden in Anspruch nehmen. Die Kosten übernimmt die gesetzliche Krankenkasse.
Wir, die Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen e.V. nennen Dir gerne geeignete Therapeuten in Deiner Region.
Du erreichst uns Mo.-Fr. von 10-12 Uhr unter 040 689 13 700.
Liebe Grüße und einen schönen Sonntag noch,
Antonia.
Ich bin nicht auf der Welt, um so zu sein, wie andere mich haben wollen. ;)
Radiowelle

Re: Angst vor Radioaktivität

Beitrag von Radiowelle »

Hallo,

danke für den Tipp
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OCD-Marie
Beiträge: 262
Registriert: Di 17. Apr 2018, 19:44

Re: Angst vor Radioaktivität

Beitrag von OCD-Marie »

Hallo Radiowelle,

ich bin geneigt zu sagen, gut, dass du die Beziehung so nicht mehr weiterführen kannst/willst. Denn das ist zumindest für dich der erste Schritt aus diesem Horror. Das was du beschrieben hat mit Geräten und ganzen Räumen nicht mehr benutzen (und das schon seit Jahren), ist ja sicher nur ein "Ausschnitt" des täglichen "Dramas".

Deine Frau ist ernsthaft krank. Sie benötigt eigentlich dringend therapeutische Hilfe. Das Problem dabei ist nur, sie muss diese Hilfe auch selbst wollen. Und so wie du schreibst ist das derzeit (leider) noch nicht der Fall.

Deine Frau ist offenbar nicht in der Lage, ihr Leben selbstbestimmt zu leben. Du schreibst von "sie kann nicht "nein" sagen". Die Sache dürfte etwas komplizierter sein. Allerdings scheint sie die Zwangsstörung zumindest auch deshalb entwickelt zu haben, um diese "Unfähigkeit" zu kompensieren.
Vermutlich hat dein Verhalten in irgendeiner Weise dazu beigetragen, dass sie diese Störung entwickelt hat. Das macht die Situation zusätzlich kompliziert. Dass sie dir jedoch für "alles" die Schuld gibt, geht natürlich zu weit. Und sind wir doch mal ehrlich, wenn das alles tatsächlich so wäre, wie sie es sagt - ein gesunder Mensch hätte dann doch längst die Scheidung eingereicht.

Ich fürchte, alleine werdet ihr beide diesen "Knoten" nicht mehr aufgelöst bekommen. Ihr werdet fachliche Hilfe benötigen (z.B. im Rahmen einer Paartherapie). Jedoch bietet auch dies keine Garantie auf Erfolg...

Ich möchte mich daher in jedem Falle Antonias Empfehlung anschließen !

Was eure Situation zu Hause anbetrifft: ich würde versuchen, mich ihrem Diktat nicht mehr länger zu beugen. Ich meine, man muss ja auch mal ein Fenster aufmachen können alleine um zu lüften. Und auch die Räume und Geräte würde ich wieder in Betrieb nehmen.
Wie deine Frau darauf reagieren wird ist voraussehbar (Weinkrampf, Hyperventilation, etc). Sie wird mit dir streiten wollen. Sie wird massiv darunter leiden. Aber das ist vielleicht auch zwingend nötig dafür, dass in ihr die Überzeugung reift, dass sie dringend fachliche Hilfe braucht. Verstehtst du ?

Liebe Grüsse
Marie
Radiowelle

Re: Angst vor Radioaktivität

Beitrag von Radiowelle »

Hallo,
ja ich bin jetzt seit 4 Wochen ausgezogen. Meine Frau wirft mir vor, Narzisst zu sein und so ihre Angststörung zu einem erheblichen Teil ausgelöst zu haben. Wir haben gerade heute Gespräche geführt und sie vertritt die Auffassung, dass die Auswirkungen Ihrer Störung unser Leben kaum beeinträchtigen und ich davon doch garnichts spüren würde. Sie im Gegenteil unter meiner Persönlichkeitsstörung erheblichen Schaden nimmt. Sie hat mir gesagt, dass ich mit meinem Defekt nie wieder eine vernünftige Beziehung werde führen können, dass mich meine Kinder nach und nach verlassen werden und es ein Glück ist, dass sie die Kinder zum grossen Teil erzogen hat, denn diese seien normal. Ich weiss aber von einem Vorfall, bei dem Sie meiner damals kleinen Tochter vorsätzlich Angst gemacht hat, in dem sie mit ihr einen gefährlichen Ort aufgesucht hat und dem Kind vorsätzlich Angst zugefügt hat. Welche Mutter macht sowas?
Die Angst vor kontamination rückt häufig dann in den Vordergrund, wenn Sie das Gefühl hat, mit anderen Menschen einen Konflikt auszutragen, der ihr dann den Konflikt übelnimmt und sie daraufhin verstrahlt quasi heimlich, so wie bei dem Russen der durch Strahlung umgebracht wurde.
Sie hat mir nun eröffnet, dass Sie nur noch eine einzige Chance für uns sieht, in dem ich meine Krankheit annehme und einen Psychologen aufsuche, aber nicht mit der Haltung, dass der Arzt mich untersucht, sondern mit einer fertigen Diagnose, sozusagen Unterschung sparen gleich den heilungsprozess einleiten.
Es dreht sich alles immer im Kreis und egal was man sagt, es reicht immer nicht. Im Endeffekt stellt sie fest, das die Angst sich doch garnicht auf die Partnerschaft auswirkt.
Noch etwas zur Selbstbestimmung: meine Frau fühlt sich von mir emotional abhängig. Eine Paartherapie haben wir begonnen, ich durfte aber nichts von Ihrer Angststörung berichten.
Miranda_L

Re: Angst vor Radioaktivität

Beitrag von Miranda_L »

Hallo Radiowelle,

wenn ich deine Schilderungen so lese, muss ich ehrlich sagen: Ich traue mich nicht, dir Tipps zu geben.
Keiner von uns ist dafür ausgebildet, zu therapieren.
Ihr braucht professionelle Hilfe. Und da das schon seit Jahren so geht, wäre es vermutlich für jedes Familienmitglied gut, sich an einen Therapeuten zu wenden.
Wenn sie sogar möchte, dass du dich behandeln lässt, ist das doch super! Wenn Therapeuten etwas richtig gut können, dann ist das, einem Tipps zu geben, mit schwierigen zwischenmenschlichen Situationen umzugehen.

Wenn ich euch also einen Tipp geben darf, wäre dieser: Holt euch so schnell möglich Hilfe!

Alles Gute
Miranda
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OCD-Marie
Beiträge: 262
Registriert: Di 17. Apr 2018, 19:44

Re: Angst vor Radioaktivität

Beitrag von OCD-Marie »

Hallo !

Naja, für Tips ist das Forum ja da... therapieren, das geht natürlich nicht. Dafür ist so ein Forum nicht geeignet.
Deshalb wäre es wichtig, dass du, Radiowelle, bei dir vor Ort einen fachlichen Ansprechpartner hättest. Als Unterstützung, um deinen eigenen Weg durch diese schweren Zeiten zu finden.

Ich denke, es macht im Hinblick auf deine Frau wenig Sinn, nach etwas zu suchen, dass dann "reicht". Mir scheint, deine Frau hat sich in ihrer Sicht der Dingen "eingemauert". Sie hat sich "verbarrikadiert". Diskussionen führen hier nicht weiter. Denn für sie geht es nur um eines: dich von IHRER Sicht zu überzeugen. DEINE Sichtweise wird von ihr nicht anerkannt. Das beschreibst du ja auch deutlich.
Das einzige, was du insoweit tun kannst ist, deine Sichtweise zu schildern. Zu schildern, wie es dir damit geht. Was die ganze Situation mit dir macht. Mehr nicht ! Vermeide es, dich auf Diskussionen mit ihr einzulassen.

Zum Therapeuten zu gehen, dort dann aber die größten Probleme zu verschweigen, das macht freilich keinen Sinn. Geht ihr eigentlich noch zur Paartherapie ?

Und wie ist es mit euren Kindern ? Ich gehe davon aus, sie sind schon erwachsen. Hast du in den letzten vier Wochen mit ihnen gesprochen ? Welchen Blick haben sie auf die Situation ?
Radiowelle

Re: Angst vor Radioaktivität

Beitrag von Radiowelle »

Hallo,

Du beschreibst die Situation genau wie ich sie empfinde. Mein Sohn lässt es nicht an sich heran, spricht aber mit beiden Eltern, er ist schon ausgezogen. Meine anderes Kind ist noch bei meiner Frau, ist kurz vor den 18 und versucht eine Position zu finden, getragen von dem Gedanken zu helfen und beide Seiten weider zusammenzubringen.
Zur Paartherapie gehen wir nach der Trennung nicht mehr. Meine Frau bat auch vor der Trennung darum alleine hingehen zu dürfen, da hatte ich auch nichts gegen. Ich hatte so ein bisschen das Gefühl, das diese Narzissmus Vorwürfe auch ein wenig aus diesen Einzelgesprächen hervorkamen. Ich habe unsere Therapeutin in einem Einzelgespräch das ich nach der Trennung mit ihr hatte, angesprochen und ihr von der Angststörung meiner Frau erzählt. Sie meinte daraufhin, wenn ich das gewusst hätte, wäre das ja ein ganz anderer Ansatz gewesen. Meine Frau meint aber unsere Probleme haben nichts mit der Angst zu tun, sondern sind alleinauf mein Fehlverhalten vor 30 Jahren zurückzuführen. Dies hat sich so festgesetzt und kommt immer wieder hervor. Sie sagt auch oft in ...mein Sohn nennt es immer Wutrausch...dass sie mich hasst.

Ich habe in den letzten Gesprächen genau das getan, zugehört, keine Diskussionen, mit dem Erfolg das ich dann nachdem´ich eine Nacht auf der Couch verbracht habe, morgens aufgewacht bin und ja ich weiss nicht wie ich das Gefühl beschreiben soll ich wusste nicht mehr wie ich war. Man hätte mich einliefern können in der Situation...bitte seht mir die Formulierung nach.. aber ich war so fertig wie noch nie, ja fast haltlos könnte man es nennen.
Meine Frau hat mir mit jedem Satz beweisen wollen, wie ja schlecht ich doch bin. Ich hätte sie mit den Kindern viel früher verlassen sollen, als mir ihre Erkrankung bewusst war, deswegen bin ich ein schlechter Vater und habe versagt.
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