Hallo liebe Leidensgenossinen und Leidensgenossen,
Mich würde mal interessieren wie lange ihr gebraucht habt um diese Krankheit zu verstehen?
Bei mir ist es so, dass ich bestimmt 5 Jahre lang Kontrollezwänge hatte in einem Maß was noch auszuhalten war. Dann fingen abrupt Waschzwänge an...... Und dann kamen noch agressive Zwangsgedanken dazu... Da irgendwann würde mir klar, irgendwas stimmt mit mir ganz und gar nicht. Nach 5 Jahren immer mehr Quälerei als gar nix mehr ging als ich zusätzlich tief am Boden in der Depression steckte und nicht Verstand warum ich mich den ganzen Tag so eklig fühlte bekam ich endlich die Diagnose Zwangserkrankung. Ich machte einen stationären Aufenthalt und lernte die Krankheit kennen. Nach dem Klinikaufenthalt war alles in Butter. Mir war klar was das ist und ich schwöre mir, dieser Zwang kriegt mich nie wieder!!! Ich war erleichtert. Dann ging's ab in den neuen Job und wieder ging es los mit allen Facetten!!!! Ich fiel wieder auf die Nase weil neue Gedanken dazu kamen wo am Ende der Gedanken viele Menschen durch mich starben, diese Gedanken ließen mich nicht so kalt. Ich ging darauf ab wie nen Zäpchen. Diese Art von Zwangs Gedanken, kannte ich noch nicht.... Also wieder auf die Nase gefallen !!! Ab in die Klinik. Wieder lernen, dass das typische Zwangs Gedanken sind.... Diesmal nach der Klinik ist nich alles in Butter, ich Kämpfe täglich gegen den Zwang an und lerne die Erkrankung so richtig kennen. Nach welcher Zeitspanne war es euch möglich klar zu entscheiden, "Ah, das ist wieder ein Gedanken meines hyperaktiven Gehirns, ich leide einfach nur immer noch an einer Zwangsstörung". Wann konntet ihr locker mit der Krankheit umgehen und klar sagen, das ist jetzt Zwang. Ich habe jetzt zwei Klinikaufenthalte hinter mir und mache meine 1. ambulante Verhaltens Therapie und manchmal kommt mir die Frage in meinen Kopf, ob ich einfach nur nen krasser Zwängler bin oder ab es halt sehr viel Zeit braucht die Krankheit in all seinen Facetten zu verstehen und kennen zu lernen???? Fühle mich da manchmal echt blöd bei, dass ich oft noch auf den Zwang rein falle.... Wie ist es euch ergangen wann seid ihr über den Berg gewesen nicht mehr den Behauptungen des Zwangs Glaube zu schenken???
Liebe Grüße Mino
Wie lange habt ihr gebraucht ???
Re: Wie lange habt ihr gebraucht ???
Habe seit ca. 20 Jahren Zwangsgadanken. Und es fällt mir bis heute nicht immer leicht sie als solche zu erkennen. Je nach Verfassung und Tagesform.
Agressive Zwangsgedanken zeigen sich oft als Ideen, Impulse oder Fantasien daher ist es auch so schwer sie sofort mit Abstand zu betrachten.
Es braucht immer Zeit, zumindest bei mir , bis ich eine gewisse Distanz zu ihnen aufbauen kann. Dann aber ist es leichter sie zu ignorieren.
Agressive Zwangsgedanken zeigen sich oft als Ideen, Impulse oder Fantasien daher ist es auch so schwer sie sofort mit Abstand zu betrachten.
Es braucht immer Zeit, zumindest bei mir , bis ich eine gewisse Distanz zu ihnen aufbauen kann. Dann aber ist es leichter sie zu ignorieren.
- PeterAlleinzuhaus
- Beiträge: 21
- Registriert: Mi 2. Mai 2018, 20:36
Re: Wie lange habt ihr gebraucht ???
Hallo Mino,
die Entwicklung meiner Zwänge geht nun auch schon über viele Jahre, wobei es zunächst langsam mit Kontrollzwängen angefangen hat und später sind dann Zwangsgedanken dazugekommen, bis es dann schließlich so schlimm wurde, dass ich nicht mehr arbeiten konnte. Deshalb bin ich jetzt in einer ambulanten Verhaltenstherapie, wobei hier aus meiner Sicht zwei Dinge wichtig sind:
Gruß Peter
die Entwicklung meiner Zwänge geht nun auch schon über viele Jahre, wobei es zunächst langsam mit Kontrollzwängen angefangen hat und später sind dann Zwangsgedanken dazugekommen, bis es dann schließlich so schlimm wurde, dass ich nicht mehr arbeiten konnte. Deshalb bin ich jetzt in einer ambulanten Verhaltenstherapie, wobei hier aus meiner Sicht zwei Dinge wichtig sind:
- Zum einen natürlich der Kampf gegen die Zwänge selbst. Hier geht es darum, die Mechanismen der Zwänge zu vestehen, zu lernen, die Zwangsgedanken zu erkennen und dann in der Praxis immer wieder üben. Diesen Teil könnte man auch salopp als "abtrainieren" der Zwänge bezeichnen.
- Aus meiner Sicht ist dies aber am Ende nicht nachhaltig, wenn man sich nicht auch noch damit beschäftigt, wo die Zwänge herkommen und was dahintersteckt. Die Suche nach den tieferen Ursachen der Zwänge, die vermutlich irgendwo in der Kindheit liegen, kann durchaus mühsam und langwierig sein. Hat man die Ursachen dann gefunden, geht es darum, diese aufzuarbeiten und die alten "Regeln" durch neue zu ersetzen. Die bloße Erkenntnis über die Ursachen reicht leider nicht aus, um sie in ihrer bis heute andauernden Wirkung zu eliminieren. Man muss hier leider lange an sich arbeiten, um die Dinge auch wirklich zu verinnerlichen.
Gruß Peter
mal mehr mal weniger
Was ihr schreibt hilft mir irgendwie besser anzuerkennen, dass es eben tatsächlich eine chronische Erkrankung sein dürfte. Dadurch nehme ich mir aber auch den Druck den Zwang ganz, für immer weg haben zu müssen - weil das anscheinend sowieso nicht funktioniert. Natürlich bin auch ich ständig dahinter, ihn einzudämmen, damit er nicht alles Lebendige verdrängt. Es kommt mir so vor, als wäre das bereits schon wieder mein zwanghaftes Denken, wenn ich versuche, den Zwang komplett zu durchschauen und jeden Zwangsgedanken als solchen zu entlarven.
Liebe Grüße und danke für den Trost, den ihr mir schenkt, indem ich mich nicht so alleine damit fühle!
Liebe Grüße und danke für den Trost, den ihr mir schenkt, indem ich mich nicht so alleine damit fühle!
Das gute Leben .. ist eine Richtung, kein Ziel. [Carl Rogers]
Re: Wie lange habt ihr gebraucht ???
Da ich auch unter schlimmen Zwangsgedanken leide, muss ich mich auch immer wieder motivieren, mich dagegen zu wehren.
Nicht die Gedanken zu unterdrücken, sondern, ihnen den Kampf anzusagen.
Manchmal fällt es mir allerdings sehr schwer den Zwang zu erkennen und je nach Tagesform, komme ich gut, bzw, wenige gut damit klar.
Ist ein ständiges Auf- und Ab.
Nicht die Gedanken zu unterdrücken, sondern, ihnen den Kampf anzusagen.
Manchmal fällt es mir allerdings sehr schwer den Zwang zu erkennen und je nach Tagesform, komme ich gut, bzw, wenige gut damit klar.
Ist ein ständiges Auf- und Ab.
Re: Wie lange habt ihr gebraucht ???
Das ständige Auf und Ab kenn ich auch.
Auch ich habe mich oft damit abgefunden, dass ich nie komplett zwangsfrei werde.
Allenfalls eine Milderung ist in meinen Augen realistisch.
Die Frage ist, ob ein Leben, welches zwar nicht komplett zwangsfrei ist, aber moderate Zwänge hat, trotzdem noch lebenswert ist.
Und ich denke ja, trotz der Zwänge konnte ich bisher immer selbstständig leben und auch viel lachen und genießen.
Natürlich gibt es aufgrund der Depression auch viele Tage, an denen ich das aber gerne anzweifle ...
Aber der Druck komplett gesund zu werden nutzt meiner Meinung nach nichts. Da er eben noch mehr Stress und somit Zwänge erzeugt.
Es gibt noch Grautöne, neben dem schwarz/weiß.
Auch ich habe mich oft damit abgefunden, dass ich nie komplett zwangsfrei werde.
Allenfalls eine Milderung ist in meinen Augen realistisch.
Die Frage ist, ob ein Leben, welches zwar nicht komplett zwangsfrei ist, aber moderate Zwänge hat, trotzdem noch lebenswert ist.
Und ich denke ja, trotz der Zwänge konnte ich bisher immer selbstständig leben und auch viel lachen und genießen.
Natürlich gibt es aufgrund der Depression auch viele Tage, an denen ich das aber gerne anzweifle ...
Aber der Druck komplett gesund zu werden nutzt meiner Meinung nach nichts. Da er eben noch mehr Stress und somit Zwänge erzeugt.
Es gibt noch Grautöne, neben dem schwarz/weiß.
Re: Wie lange habt ihr gebraucht ???
Hallo,
ich kann mich der Meinung von Michael M. nur komplett anschließen.
Sicher hängt die Frage der Möglichkeit der deutlichen Symptomreduktion auch sehr davon ab, wie schnell man als Zwangserkrankter diagnostiziert wird und spezifische Hilfe erhalten hat.
Ich komme aus den neuen Bundesländern und bin schon sehr jung sehr heftig erkrankt (1984). Aber es gab in der damaligen DDR keine Verhaltenstherapie. Mit dieser Richtung bin ich erst im Jahr 1999 in Kontakt gekommen, als ich zu einer Verhaltenstherapeutin aus den alten Bundesländern kam, die sich in meiner Heimatstadt ( in den neuen Bundesländern) niedergelassen hatte. Bei ihr diesen neuen Therapieansatz kennenzulernen, war für mich ein wahrer Segen. Bis dahin hatte sich aber mein System (Gedanken und Kontrollzwänge) schon absolut manifestiert und durch meine Selbstberuhigungsversuche und auch durch ungeeignete Therapieansätze (Kontakt mit psychiatrischem und psychotherapeutischem Hilfesystem erstmalig 1990) verfestigt.
Neben der Frage wie lange die Krankheit schon besteht und wie verfestigt sie ist, spielt auch die immer wieder hier im Forum auftauchende Frage nach der Funktionalität der Zwänge eine große Rolle. Letztlich ist die Zwangserkrankung eine Form einer Angststörung und verschiedene (insbesondere auch sehr frühe ) Lebensumstände haben bei mir zu einem sehr differenzierten Angstnetzwerk geführt.
Es gibt immer wieder im Leben eines jeden Menschen Situationen mit verstärktem Stress und einem erhöhtem Angstlevel. Das bringt das Leben so mit sich. Und es gibt natürlich auch Phasen, wo aufgrund belastender Lebensereignisse diese Belastung noch höher ist. Und dann kommt das Angstnetzwerk in Schwingung und wird "befeuert". Die sich ableitende dysfunktionale Reaktion eines Menschen mit Zwangserkrankungen ist das verstärkte Auftreten von Symptomen.
Ich möchte hier keinen Pessimismus verbreiten. Ich habe in meinem letzten Kliniksaufenthalt gelernt, die schwankende Symptomlast zu akzeptieren. Für mich war das ein wichtiger Schritt. Ich bin seit 34 Jahre zwangserkrankt . Ich erlebe aber auch gute Zeiten mit weniger Symptomlast.
ich kann mich der Meinung von Michael M. nur komplett anschließen.
Sicher hängt die Frage der Möglichkeit der deutlichen Symptomreduktion auch sehr davon ab, wie schnell man als Zwangserkrankter diagnostiziert wird und spezifische Hilfe erhalten hat.
Ich komme aus den neuen Bundesländern und bin schon sehr jung sehr heftig erkrankt (1984). Aber es gab in der damaligen DDR keine Verhaltenstherapie. Mit dieser Richtung bin ich erst im Jahr 1999 in Kontakt gekommen, als ich zu einer Verhaltenstherapeutin aus den alten Bundesländern kam, die sich in meiner Heimatstadt ( in den neuen Bundesländern) niedergelassen hatte. Bei ihr diesen neuen Therapieansatz kennenzulernen, war für mich ein wahrer Segen. Bis dahin hatte sich aber mein System (Gedanken und Kontrollzwänge) schon absolut manifestiert und durch meine Selbstberuhigungsversuche und auch durch ungeeignete Therapieansätze (Kontakt mit psychiatrischem und psychotherapeutischem Hilfesystem erstmalig 1990) verfestigt.
Neben der Frage wie lange die Krankheit schon besteht und wie verfestigt sie ist, spielt auch die immer wieder hier im Forum auftauchende Frage nach der Funktionalität der Zwänge eine große Rolle. Letztlich ist die Zwangserkrankung eine Form einer Angststörung und verschiedene (insbesondere auch sehr frühe ) Lebensumstände haben bei mir zu einem sehr differenzierten Angstnetzwerk geführt.
Es gibt immer wieder im Leben eines jeden Menschen Situationen mit verstärktem Stress und einem erhöhtem Angstlevel. Das bringt das Leben so mit sich. Und es gibt natürlich auch Phasen, wo aufgrund belastender Lebensereignisse diese Belastung noch höher ist. Und dann kommt das Angstnetzwerk in Schwingung und wird "befeuert". Die sich ableitende dysfunktionale Reaktion eines Menschen mit Zwangserkrankungen ist das verstärkte Auftreten von Symptomen.
Ich möchte hier keinen Pessimismus verbreiten. Ich habe in meinem letzten Kliniksaufenthalt gelernt, die schwankende Symptomlast zu akzeptieren. Für mich war das ein wichtiger Schritt. Ich bin seit 34 Jahre zwangserkrankt . Ich erlebe aber auch gute Zeiten mit weniger Symptomlast.
Re: Wie lange habt ihr gebraucht ???
Hallo Ulrike,
vielen Dank für deinen Beitrag.
Er hat mir noch etwas mehr (Lebens-) Mut gemacht.
Grüße
Michael
vielen Dank für deinen Beitrag.
Er hat mir noch etwas mehr (Lebens-) Mut gemacht.
Grüße
Michael