Wände streichen und so... - man wird verrückt!

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Christoph45Berlin
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Registriert: Mi 28. Sep 2022, 09:46

Wände streichen und so... - man wird verrückt!

Beitrag von Christoph45Berlin »

Hallo Leute,

ich bin neu hier und werde langsam verrückt!

Meine Story:

Seit etwa 15 Jahren(!) wohne ich minimalistisch, weil ich keine Möbel oder Einrichtungsgegenstände um mich herum ertrage.

Und das hat diesen Grund: ich lade niemanden zu mir ein, weil niemand meine Wände berühren darf. Hat sie doch jemand berührt, müsste ich eigentlich die ganze Wohnung neu streichen.

Inzwischen habe ich das so gut unter Kontrolle, dass ich es nur 1-2x im Jahr machen muss, aber dann kann es sein (wie eben gerade jetzt), dass ich streiche, alles zügig klappt, alles wirklich schön wird, ich danach putze und noch immer zufrieden bin - und auf einmal kommen Gedanken, wie dass ich dieses Schema oder jenes Schema nicht eingehalten hätte, etc.

Ein Beispiel: ich bin 185cm groß und meine Wohnung ist 260cm hoch. Nachdem ich die Ecken vorgestrichen hatte, brauche ich die Leiter nicht mehr, weil ich da mit der Rolle ohne Leiter bis oben hinkomme.

Das klappt gut.

Diesmal hatte ich aber eine ganz dicke Rolle (die 2cm weiter reichte) und berührte während des Streichens 2x die bereits gestrichene Decke.

Weiß in Weiß, kein Mensch würde das merken, wenn es einem Maler passiert wäre.

Aber ich WEISS, dass ich dort 2x angekommen bin und bin seitdem unglücklich.

Eigentlich wollte ich diesmal schöne Möbel kaufen, doch der "Fehler", die Decke berührt zu haben (obwohl sie längst fertig gestrichen war), sagt jetzt:

Streich nochmals ALLES!

Ich müsste also wieder 2 große Eimer Farbe kaufen und das alles nochmals streichen.

Tue ich das NICHT, fühle ich mich traurig, deprimiert, gehe dann zwar immerhin einige Möbel kaufen, aber kaufe immer nur Basics, weil es ja sowieso kein Dauerzustand sein soll und ich diese Basics ja wieder verkaufen möchte, wenn ich das nächste Mal wieder streiche.

Inzwischen kann ich perfekt streichen :)

Die Decken und Wände sind also mein Grundübel, ansonsten habe ich noch ein Schema beim Putzen (das stört mich aber nicht, weil ich nur etwa 3-4 Stunden pro Woche putze - die Wohnung ist ja nahezu leer), mein Parkettboden darf nie Kratzer haben (sonst muss er neu lackiert werden), usw.

Kaufe ich etwas bei IKEA, muss die Verpackung zu 100% in Ordnung sein. Oft nehme ich die oberen Möbelpakete vom Stabel und nehme eines von unten, das sicher noch nicht beschädigt ist. Kaufe ich Tassen und Teller, so begutachte ich jedes Stück einzeln unter dem hellen Licht und an der Kassa scanne ich selbst, weil die Kassa-Mitarbeiter etwas harsch mit den Dingen umgehen.

Wichtig zu erwähnen ist vielleicht noch, dass ich dieses Verhalten "nur" in den eigenen vier Wänden habe. Also wie ein Bekannter/Freund wohnt, ist mir total egal. Dort kann es auch unordentlich sein...

Und: zwischendurch hatte ich mal einige Jahre im Ausland gelebt, hatte dort 2 Jahre lang eine Beziehung, aber dieses Verhalten war wesentlich schwächer ausgeprägt, als in meinen eigenen Wänden.

Dazu kommt: ich kann nichts besitzen. Alles muss weg/raus. Ich habe immer nette/neue Kleidung, aber immer nur das, was ich brauche. Das sind 2-3 Jacken, etwa 10 T-Shirts, 5 Hemden, 5 Polos, 5-10 Hosen oder Jeans, Unterwäsche, Socken - that's it.

Kaufe ich etwas bei IKEA und merke, dass ich es doch nicht brauche, muss es sofort weg. Entweder bringe ich es zurück, oder ich verkaufe es als neu (was es ja ist) für ein paar Euro billiger im Web.

Es gibt dann noch so kleine Dinge (die mich nicht sonderlich belasten), wie dass ein Hotelzimmer nur so und so viel kosten darf (Beispiel: in Paris darf es 60,- kosten, kostet es 60,36, buche ich es wahrscheinlich nicht, oder: mein Smartphone darf 200 Euro kosten, besser 180, kostet es mehr, kaufe ich es nicht, obwohl ich es mir leisten könnte - aber ich mache gerne Anderen eine Freude und schenke gerne, bin also KEIN Scrooge).

Kurz: dieses Topic "Wände" macht mich krank.

Ich war schon mal kurz bei einer Therapie, da wollte die Therapeutin nach Milton Erickson behandeln, hab das aber abgebrochen, weil das teuer war.

Einmal war ich in der Psycho-Ambulanz der Charité, dort meinte die Ärztin nach 50 Minuten, dass es wahrscheinlich eine Anankastische Störung ist (was ich auch glaube) und schickte mich zu einem Kollegen, wo die Chemie aber NULL gepasst hat.

Ich muss übrigens auch andere Dinge (putzen, Computer oder Handy konfigurieren, usw) nach Schemen erledigen, aber das belastet mich nicht. Ich putze dennoch nicht länger als 3-4 Stunden pro Woche - fast jede Hausfrau putzt länger.

Ich sehne mich nach einer Wohnung mit Möbel, mit einem gemütlichen Sofa, einem TV zum Netflixen, aber wie es aussieht, werde ich das NIE erreichen. Ich wohne in guter Lage, meine Wohnung hat schöne Wände, einen schönen Parkettboden, schöne Fenster und Türen, aber ansonsten habe ich nur einen Schrank, ein Regal, eine Kommode, eine Kochnische und die Matratze auf dem Boden (weil Kissen könnten aus dem Bett fallen und gegen die frisch gestrichenen Wände...).

Ich hätte gerne sowas wie einen Reset Knopf, wo ich diese Zwänge loswerden kann. Wenn ich an jahrelange Therapien denke, habe ich einfach nicht die Motivation dafür, obwohl ich sonst sehr konsequent bin. Übrigens muss auch immer alles sehr korrekt sein, ganz offiziell, ich habe immer Angst, dass mich etwas einholen könnte.

Würde ich nun meine Koffer packen und wie damals wieder ins Ausland ziehen, würde ich mich frei fühlen und die Zwänge wären zwar schon noch da (ich hatte auch DORT bei IKEA alles x-Male unter dem Licht begutachtet), aber wesentlich stressloser, als hier zu Hause.

Kennt das jemand? Hat das noch jemand? Oder bin ich allein damit????

Danke
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Joq
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Re: Wände streichen und so... - man wird verrückt!

Beitrag von Joq »

Hallo Christoph,
Christoph45Berlin hat geschrieben: Mi 28. Sep 2022, 10:29
Ich hätte gerne sowas wie einen Reset Knopf, wo ich diese Zwänge loswerden kann. W

Kennt das jemand? Hat das noch jemand? Oder bin ich allein damit????
Oh ich glaube dass kennen ganz viele hier im Forum und du bist sicher nicht allein. Und das mit dem Reset-Knopf wäre eine super Sache.
Ich selbst habe andere als die von die geschilderten Zwänge, erkenne aber das immer gleiche Grundmuster.
Dein Beitrag hat mich zum Nachdenken über den Unterschied zwischen Zwangsstörung und zwanghafter Persönlichkeitsstörung gebracht. Ich habe einmal zur zwanghaften Persönlichkeitsstörung gelesen, dass hier die Zwänge nicht als wesensfremd betrachtet werden, und man weniger an den Zwängen leidet sondern mehr an den Mitmenschen, die die eigenen Standards nicht erfüllen.
Siehe hierzu auch: https://www.zwaenge.de/diagnose/was_sind_zwaenge/

Das was du schilderst klingt für mein Empfinden eher nach Zwängen, da du ja darunter leidest und es gerne anders hättest.
Was den unsichtbaren „Fleck“ auf der weißen Decke betrifft: Du weißt wahrscheinlich dass rein sachlich keinerlei Sinn im erneuten Streichen besteht. Das Grundmuster ist, dass der Zwang in uns unberechtigt das Gefühl/Empfinden „ Achtung Nicht in Ordnung!“ erzeugt. Durch die Zwangshandlung wollen wir eine Gefühlsänderung erzielen. Gemäß dem Modell der Verhaltenstherapie soll das unangenehme Gefühl mit der Zeit aber auch weggehen, wenn man es aushält, und die Zwangshandlung nicht ausführt.
Letzten Endes bleibt die Wahl zwischen Widerstand und Nachgeben.
Dein Zurückschrecken vor jahrelangen Therapien kann ich gut nachvollziehen. Und es ist auch gar nicht so einfach einen Platz zu bekommen. Es gibt inzwischen ganz gute Selbsthilfe-Literatur. Vielleicht wäre das etwas für dich?

Alles Gute
Jo
"Sie dürfen nicht alles glauben was Sie denken" Heinz Erhardt
Christoph45Berlin
Beiträge: 6
Registriert: Mi 28. Sep 2022, 09:46

Re: Wände streichen und so... - man wird verrückt!

Beitrag von Christoph45Berlin »

Hi Jo,

danke für Deine Antwort!

Ja genau, ich weiß, dass das alles keinen Sinn macht und bin immerhin stark genug, um nicht nachzugeben.

Aber das "bezahle" ich mit deprimiert sein, unglücklich sein.

Beispielsweise: ein Freund lebt im Ausland und der hatte auf die Hunde der Nachbarin aufgepasst. Die Hunde haben eine Wand verschmutzt. Und jetzt nimmt er einen feuchten Lappen und reinigt die Wand.

Das würden wohl 9999 von 10000 so machen.

Aber ICH müsste alles neu streichen. Ausbessern gibt es nicht, weil dann würde ich ja nicht nach Schema arbeiten.

Es sind Zwänge. Ich glaube nicht, dass es eine Persönlichkeitsstörung generell ist, denn im normalen Leben funktioniere ich ja eher normal. Zwar verlange ich immer mehr, bin aber bereit, auch selbst diese Ansprüche zu erfüllen. Zumindest wirkt das nicht krampfhaft. Und es war auch in meiner letzten Beziehung nur das kleinste Problem.

Ich hab viel gelesen und gerade deshalb bin ich ja zumindest schon so weit und kann 1-2x pro Jahr streichen, anstatt dauernd die Farbe im Keller zu haben.

Zum Beispiel: 2014 oder so feierte ich X-Mas mit meiner Familie und kam nach Hause. Ich sah einen dunklen Punkt auf den Badezimmerfliesen und begann das Bad zu streichen und putzen. An Heiligabend um 22:00. Oder: ich holte auch schon mal um Mitternacht die Farbe aus dem Keller, um die Diele zu streichen.

Also DAS würde ich heute nicht mehr tun.

Und: ich kaufte einen Schuhschrank bei IKEA, da habe ich nun eine Mini-Delle entdeckt. Früher hätte ich den zurückgebracht, heute lass ich den stehen.

Einzig: ich wollte die neue Wohnung, hab sie nicht gekriegt 6hd und dachte mir: ich bleibe hier, streiche neu, kaufe endlich neue Möbel...

Dann strich ich, war während des Streichens und kurz danach guter Dinge und dann legte ich mich ins Bett - und PENG!

"Du hast nach dem falschen Schema gestrichen."
"Du bist an der Decke angekommen".
"Möglicher hast Du die Wand berührt, als du die Folie entfernt hast."

Mach es nochmals.

Inzwischen kann ich schon 10 Tage widerstehen.

Aber ich bin eben total traurig und unglücklich dabei.

Mein Nachbar wohnt seit 18 Jahren da. Der hat noch nie gestrichen. Dennoch bin ICH der Unglücklichere.

Auf der Straße sehe ich manchmal lachende Menschen und denk mir: die haben sicher ein schönes Zuhause.

Dabei bin es ja ICH, der alles frisch gestrichen hat.

Der Zwang macht eben alles kaputt.

Du kennst das sicher :-/

Und ja, Therapie... ich zahlte 120,- für 50 Minuten und das 7x. Ich hatte nicht das Gefühl, dass es mir was bringt. Die Therapeutin wollte in meine Wohnung kommen und dann gemeinsam mit mir Wände anfassen. Aber das könnte ich ohne sie auch - denn 2 Tage später würde ich neu streichen.
TeeCoffee
Beiträge: 89
Registriert: Di 12. Jul 2022, 01:56

Re: Wände streichen und so... - man wird verrückt!

Beitrag von TeeCoffee »

Hallo Christoph45Berlin,

ich kenne das nicht was du schilderst.
Aber:
Einmal war ich in der Psycho-Ambulanz der Charité, dort meinte die Ärztin nach 50 Minuten, dass es wahrscheinlich eine Anankastische Störung ist (was ich auch glaube) und schickte mich zu einem Kollegen, wo die Chemie aber NULL gepasst hat
Es wäre wohl schon wichtig zu wissen ob damit eine Zwangsstörung oder eine zwanghafte Persönlichkeitsstörung damals gemeint wurde -- und natuerlich auch was es denn bei Dir in der Realität ist. Ich würde absolut darauf achten, dass das nur jemand diagnostiziert, der einschlägige Erfahrung mit Zwängen hat, damit man nicht das falsche Label aufgeklebt bekommt, nicht irgendein Feld-Wald-Wiesen Psychiater oder Therapeut.

Interessant ist auch wirklich zu wissen, was das Nicht-Befolgen des Drucks zu streichen für Konsequenzen hat. Du sagts du bist traurig/deprimiert. Ich selbst kenn Hauptsächlich Angst als primäre Folge wenn ich nicht die Zwangshandlung ausfuehre.
Schau vielleicht auch mal nach den Stickworten "Unvollständigkeitsgefühl" oder "not just right" was davon fuer dich ähnlich klingt.
Wenn ich an jahrelange Therapien denke, habe ich einfach nicht die Motivation dafür, obwohl ich sonst sehr konsequent bin.
Kann ich bestens verstehen. Allerdings hast du in Berlin vermutlich Angebote, von denen andere in kleineren Städten träumen würden; und wenn es echt eine Zwangserkrankung ist, besteht halt die Gefahr dass sie untherapiert schlimmer werden könnte....zahlen sollte es aber auch die Krankenkasse. Am Ende musst du wissen, wie sehr es dich nervt/einschränkt.

Liebe Gruesse
downtherabbithole
Beiträge: 206
Registriert: Sa 7. Nov 2020, 21:10

Re: Wände streichen und so... - man wird verrückt!

Beitrag von downtherabbithole »

Ich frage mich, wenn es Teil einer zwanghaften Persönlichkeit ist, die Wände jedes mal frisch zu streichen, müsste einen das dann nicht auch ins Ausland verfolgen?
Aber ich kenn mich damit nicht aus.

Ich berühre die Wände nicht, weil sie von anderen Leuten berührt wurden und ich mich nicht "infizieren" möchte. In einer neuen Wohnung streiche ich am liebsten alles neu, bis auf die Decken, da komme ich sowieso nicht hin. Wird ein Wandteil versehentlich dreckig, würde ich ihn am liebsten neu streichen, aber streng genommen kann Farbe bei mir die Wand auch nicht mehr sauber machen. Aber ich berühre wie gesagt die Wand nicht, lege also Vermeidungsverhalten an den Tag. Bei mir ist das ganze aber eindeutig mit Zwangsgedanken verknüpft.

Bei dir frage ich mich, warum machst du das? Es hört sich am ehesten nach dem just right ocd an. Oder hat es was mit Beschmutzung durch den Hund o.Ä. zu tun?

Auf jeden Fall hört es sich wahnsinnig anstrengend an. Ich konnte mich in deine Beschreibung sehr gut einfühlen.

Was Minimalismus angeht...ich habe mich schon oft gefragt ob Leute die sehr minimalistisch leben einfach zwanghaft sind oder Zwänge haben. Ich selber lebe auch minimalistisch, zum einen weil ich ständig Sachen wegen der Zwangsstörung wegwerfe oder nicht verwenden kann, zum anderen aus nachhaltigen Gründen (haha...wenn nicht das Wegwerfen wäre) und weil mich zuviel Zeug optisch wahnsinnig macht. Ich kann gar nicht so richtig auseinander halten, ob es an den Zwängen liegt oder ob ich es einfach nicht aushalte.

Also ich wollte als Kind schon immer auswandern damit ich meine Zwänge loswerde. Das blöde ist, dass es nicht klappt weil sie mich nach ein paar Wochen spätestens überall einholen.
Ich hätte gerne sowas wie einen Reset Knopf, wo ich diese Zwänge loswerden kann. Wenn ich an jahrelange Therapien denke, habe ich einfach nicht die Motivation dafür, obwohl ich sonst sehr konsequent bin. Übrigens muss auch immer alles sehr korrekt sein, ganz offiziell, ich habe immer Angst, dass mich etwas einholen könnte.
Du weißt doch gar nicht, ob du jahrelang Therapie brauchst. Von selber wird sich das Problem nicht auflösen. Ist aber natürlich deine Sache, soll nur als Gedankenanregung dienen :). Manchmal ist es vielleicht auch noch nicht der richtige Zeitpunkt.
Christoph45Berlin
Beiträge: 6
Registriert: Mi 28. Sep 2022, 09:46

Re: Wände streichen und so... - man wird verrückt!

Beitrag von Christoph45Berlin »

TeeCoffee hat geschrieben: Mi 28. Sep 2022, 18:59 Hallo Christoph45Berlin,

ich kenne das nicht was du schilderst.
Aber:
Einmal war ich in der Psycho-Ambulanz der Charité, dort meinte die Ärztin nach 50 Minuten, dass es wahrscheinlich eine Anankastische Störung ist (was ich auch glaube) und schickte mich zu einem Kollegen, wo die Chemie aber NULL gepasst hat
Es wäre wohl schon wichtig zu wissen ob damit eine Zwangsstörung oder eine zwanghafte Persönlichkeitsstörung damals gemeint wurde -- und natuerlich auch was es denn bei Dir in der Realität ist. Ich würde absolut darauf achten, dass das nur jemand diagnostiziert, der einschlägige Erfahrung mit Zwängen hat, damit man nicht das falsche Label aufgeklebt bekommt, nicht irgendein Feld-Wald-Wiesen Psychiater oder Therapeut.

Interessant ist auch wirklich zu wissen, was das Nicht-Befolgen des Drucks zu streichen für Konsequenzen hat. Du sagts du bist traurig/deprimiert. Ich selbst kenn Hauptsächlich Angst als primäre Folge wenn ich nicht die Zwangshandlung ausfuehre.
Schau vielleicht auch mal nach den Stickworten "Unvollständigkeitsgefühl" oder "not just right" was davon fuer dich ähnlich klingt.
Wenn ich an jahrelange Therapien denke, habe ich einfach nicht die Motivation dafür, obwohl ich sonst sehr konsequent bin.
Kann ich bestens verstehen. Allerdings hast du in Berlin vermutlich Angebote, von denen andere in kleineren Städten träumen würden; und wenn es echt eine Zwangserkrankung ist, besteht halt die Gefahr dass sie untherapiert schlimmer werden könnte....zahlen sollte es aber auch die Krankenkasse. Am Ende musst du wissen, wie sehr es dich nervt/einschränkt.

Liebe Gruesse


Hallo TeeCoffee,

danke für die Nachricht!

Es ist eine anankastische Störung mit Zwangshandlungen.

Wie ich schrieb, funktioniere ich im normalen Leben ziemlich normal, ecke auch nicht an, etc.

Meine Probleme spielen sich nur in den eigenen vier Wänden ab. Sobald ich die verlasse, ist es weg. Wenn ich aber übersiedle (hab ich 4x gemacht, aber nicht wegen des Zwanges), nehme ich die Zwänge mit.

Zu Deiner Frage: nein, Ängste habe ich nicht. Beziehungsweise DOCH - nämlich die Angst, dass ich wegen des Zwanges wohl NIE eine gemütliche Wohnung haben werde und ewig so minimalistisch leben muss/werde.

Wenn ich also nun Wände gestrichen habe (wie letzte Woche), dann kann ich mich kurz freuen, wenn ich fertig bin. Ich erinnere mich: ich ging in den Supermarkt und dachte mir: schön ist das geworden - und jetzt noch paar nette Möbel und alles ist gut.

Doch dann - aus dem Nichts - war wieder der Zwang da. Der sagte: Du hast das Schema nicht befolgt. Du hast die Decke berührt, obwohl die schon fertig gestrichen war. Und, und, und..

MACH ES NOCHMALS!!!

Und das will ich dann nicht, weil es erstens wieder viel kostet, zweitens wieder viel Aufwand ist und ich drittens weiß, dass dies - wenn ich nicht widerstehe - zur Neverending Story wird.

Und dann kommt der Gedanke: mach ich es??? Dann habe ich Ruhe. Aber zugleich kommt hoch: neeee, Du hast keine Ruhe. Es wird einen anderen Grund geben, warum Du dann wieder streichen musst.

Und wenn ich dann nicht nachgebe, habe ich keine Angst (wovor auch???), sondern bin traurig, unglücklich, verzweifelt, dass ich das Projekt wieder nicht abschließen kann.

Denn: wenn die Decken und Wände nicht optimal nach Schema gestrichen sind, ist es nicht fertig. Und wenn es nicht fertig ist, kann ich auch keine Möbel kaufen.

Somit ist nun alles wieder perfekt weiß gestrichen, aber ich konnte mir nur die nötigsten Möbel kaufen.

Würde ich nun mehr kaufen, wären diese Möbel dann nur noch unerträglich. Ich würde sie sofort loswerden wollen. Entweder zurückbringen, oder im Internet verkaufen. Denn weil die Decken und Wände nicht nach Schema gestrichen wurden, wären Möbel unerträglich.

Traurigkeit, Verzweiflung - aber keine Angst.

Manchmal schaffe ich es, abzuschalten und nicht daran zu denken. Zudem schaffe ich es (derzeit!), keine Farbe zu kaufen und alles neu zu machen. Das alles kostet aber viel Kraft.
Christoph45Berlin
Beiträge: 6
Registriert: Mi 28. Sep 2022, 09:46

Re: Wände streichen und so... - man wird verrückt!

Beitrag von Christoph45Berlin »

downtherabbithole hat geschrieben: Mi 28. Sep 2022, 21:31 Ich frage mich, wenn es Teil einer zwanghaften Persönlichkeit ist, die Wände jedes mal frisch zu streichen, müsste einen das dann nicht auch ins Ausland verfolgen?
Aber ich kenn mich damit nicht aus.

Ich berühre die Wände nicht, weil sie von anderen Leuten berührt wurden und ich mich nicht "infizieren" möchte. In einer neuen Wohnung streiche ich am liebsten alles neu, bis auf die Decken, da komme ich sowieso nicht hin. Wird ein Wandteil versehentlich dreckig, würde ich ihn am liebsten neu streichen, aber streng genommen kann Farbe bei mir die Wand auch nicht mehr sauber machen. Aber ich berühre wie gesagt die Wand nicht, lege also Vermeidungsverhalten an den Tag. Bei mir ist das ganze aber eindeutig mit Zwangsgedanken verknüpft.

Bei dir frage ich mich, warum machst du das? Es hört sich am ehesten nach dem just right ocd an. Oder hat es was mit Beschmutzung durch den Hund o.Ä. zu tun?

Auf jeden Fall hört es sich wahnsinnig anstrengend an. Ich konnte mich in deine Beschreibung sehr gut einfühlen.

Was Minimalismus angeht...ich habe mich schon oft gefragt ob Leute die sehr minimalistisch leben einfach zwanghaft sind oder Zwänge haben. Ich selber lebe auch minimalistisch, zum einen weil ich ständig Sachen wegen der Zwangsstörung wegwerfe oder nicht verwenden kann, zum anderen aus nachhaltigen Gründen (haha...wenn nicht das Wegwerfen wäre) und weil mich zuviel Zeug optisch wahnsinnig macht. Ich kann gar nicht so richtig auseinander halten, ob es an den Zwängen liegt oder ob ich es einfach nicht aushalte.

Also ich wollte als Kind schon immer auswandern damit ich meine Zwänge loswerde. Das blöde ist, dass es nicht klappt weil sie mich nach ein paar Wochen spätestens überall einholen.
Ich hätte gerne sowas wie einen Reset Knopf, wo ich diese Zwänge loswerden kann. Wenn ich an jahrelange Therapien denke, habe ich einfach nicht die Motivation dafür, obwohl ich sonst sehr konsequent bin. Übrigens muss auch immer alles sehr korrekt sein, ganz offiziell, ich habe immer Angst, dass mich etwas einholen könnte.
Du weißt doch gar nicht, ob du jahrelang Therapie brauchst. Von selber wird sich das Problem nicht auflösen. Ist aber natürlich deine Sache, soll nur als Gedankenanregung dienen :). Manchmal ist es vielleicht auch noch nicht der richtige Zeitpunkt.


Hallöchen!

Buh, Du scheinst ja ein ähnliches Problem zu haben!

just right ocd - muss ich mal googeln!

Du: Ich frage mich, wenn es Teil einer zwanghaften Persönlichkeit ist, die Wände jedes mal frisch zu streichen, müsste einen das dann nicht auch ins Ausland verfolgen?

Ich: nun, wenn etwas nur temporär ist, kann ich damit umgehen.

Beispiele: als ich ins Ausland ging, hatte ich die ersten 4 Monate Airbnb gewohnt. Jeweils 1 Monat, das musste dort gesetzlich so sein.

Wenn ich weiß, dass es nur temporär ist, gehe ich dort hinein, wie wenn ich in ein Hotel gehe. In einem Hotel würden mich schmutzige Wände nur stören, weil sich das nicht gehört. Sonst wären sie mir egal.

Zurück zum Ausland: als die Airbnb Zeit vorbei war, lernte ich meine Beziehung kennen und weil sie gerade auf Wohnungssuche war, zogen wir schnell zusammen. Die Wohnung war ein Erstbezug, da war frisch gestrichen, wäre ich dort alleine eingezogen, hätte ich wahrscheinlich nochmals gestrichen, aber das ging alles ganz schnell und ich konnte mich damit mehr oder weniger damit arrangieren, weil ich wusste, dass es nicht für ewig sein wird, dass wir dort wohnen (obwohl es dort schön war).

Als wir uns nach 2 Jahren trennten, strich ich sofort die Wände.

Aber: in diesen insgesamt 4 Jahren nur 1x

Dann kam ich zurück nach DE, fand meine jetzige Wohnung, die in einem schlechten Zustand war und holte Arbeiter, welche die Wohnung gestrichen hatten (auch andere Arbeiten).

Als die weg waren, strich ich nochmals selbst.

Ab dann ließ ich niemanden mehr in die Wohnung, ich selbst wohne so, dass ich nirgends ankomme, die wenigen Möbel stehen 20cm weg von den Wänden.

Kaufe ich zu viel, will ich es sofort loswerden. Ich habe sogar ein ganz leeres Kallax Regal in der Wohnung. Es darf keinen Kratzer haben, aber Deko darauf würde mich schon stören. Deshalb habe ich fast nichts: 1 Kommode mit Socken, Unterwäsche, Shirts, einen Schrankraum, wo paar Jacken, Hemden und Hosen (nach Farbe geordnet ;-) hängen, ein Kallax ohne Deko, einen Schuhschrank, einen Badschrank, eine kleine Kochnische - thats it.

Du: Ich berühre die Wände nicht, weil sie von anderen Leuten berührt wurden und ich mich nicht "infizieren" möchte.

Ich: Verstehe! Da habe ich andere Gründe dafür. Denn ich berühre die Wände nicht, weil man sie nicht berühren darf. Und wenn doch, müsste ich sie entweder sofort streichen, oder ich weiß, dass ich es sowieso in 2, 3, 4, 6 Monaten tue und dann kann ich warten, ertrage aber noch weniger Möbel hier. Dann muss alles raus, bis ich endlich wieder streichen werde.

Und ja, das ist sehr anstrengend. Ich kann mir auch vorstellen, dass DEINE Story extrem anstrengend ist!!!

Aber nochmals: bei mir bezieht sich alles auf meine Wohnung. Zwar habe ich andere Zwangshandlungen auch (Putzen nach Schema, wenn ich mehrere Adjektive hintereinander nutze, ordne ich sie nach dem Alphabet, etc...,), aber mit den anderen kann ich leben. Muss ich halt bei IKEA die Kerzen von unten nehmen, wo noch niemand sie herausgenommen hat. Was solls. Das ist nervig, bringt mich aber nicht um. Doch die Wohnungsstory (weiße Decken/Wände nach Schema gestrichen) machen mich fertig.

Ich hatte sogar schon mal einen Raum tapeziert. Das war aber die Hölle! Denn versuch mal zu tapezieren, ohne irgendwas zu berühren. Und als ich fertig war, musste ich die Decke nochmals streichen, weil der Zwang das so wollte. Und als die Decke fertig gestrichen war, fand ich Farbspritzer auf der Tapete - und riss die Tapete wieder herunter.
Christoph45Berlin
Beiträge: 6
Registriert: Mi 28. Sep 2022, 09:46

Re: Wände streichen und so... - man wird verrückt!

Beitrag von Christoph45Berlin »

downtherabbithole hat geschrieben: Mi 28. Sep 2022, 21:31 Ich frage mich, wenn es Teil einer zwanghaften Persönlichkeit ist, die Wände jedes mal frisch zu streichen, müsste einen das dann nicht auch ins Ausland verfolgen?
Aber ich kenn mich damit nicht aus.

Ich berühre die Wände nicht, weil sie von anderen Leuten berührt wurden und ich mich nicht "infizieren" möchte. In einer neuen Wohnung streiche ich am liebsten alles neu, bis auf die Decken, da komme ich sowieso nicht hin. Wird ein Wandteil versehentlich dreckig, würde ich ihn am liebsten neu streichen, aber streng genommen kann Farbe bei mir die Wand auch nicht mehr sauber machen. Aber ich berühre wie gesagt die Wand nicht, lege also Vermeidungsverhalten an den Tag. Bei mir ist das ganze aber eindeutig mit Zwangsgedanken verknüpft.

Bei dir frage ich mich, warum machst du das? Es hört sich am ehesten nach dem just right ocd an. Oder hat es was mit Beschmutzung durch den Hund o.Ä. zu tun?

Auf jeden Fall hört es sich wahnsinnig anstrengend an. Ich konnte mich in deine Beschreibung sehr gut einfühlen.

Was Minimalismus angeht...ich habe mich schon oft gefragt ob Leute die sehr minimalistisch leben einfach zwanghaft sind oder Zwänge haben. Ich selber lebe auch minimalistisch, zum einen weil ich ständig Sachen wegen der Zwangsstörung wegwerfe oder nicht verwenden kann, zum anderen aus nachhaltigen Gründen (haha...wenn nicht das Wegwerfen wäre) und weil mich zuviel Zeug optisch wahnsinnig macht. Ich kann gar nicht so richtig auseinander halten, ob es an den Zwängen liegt oder ob ich es einfach nicht aushalte.

Also ich wollte als Kind schon immer auswandern damit ich meine Zwänge loswerde. Das blöde ist, dass es nicht klappt weil sie mich nach ein paar Wochen spätestens überall einholen.
Ich hätte gerne sowas wie einen Reset Knopf, wo ich diese Zwänge loswerden kann. Wenn ich an jahrelange Therapien denke, habe ich einfach nicht die Motivation dafür, obwohl ich sonst sehr konsequent bin. Übrigens muss auch immer alles sehr korrekt sein, ganz offiziell, ich habe immer Angst, dass mich etwas einholen könnte.
Du weißt doch gar nicht, ob du jahrelang Therapie brauchst. Von selber wird sich das Problem nicht auflösen. Ist aber natürlich deine Sache, soll nur als Gedankenanregung dienen :). Manchmal ist es vielleicht auch noch nicht der richtige Zeitpunkt.


Du: Was Minimalismus angeht...ich habe mich schon oft gefragt ob Leute die sehr minimalistisch leben einfach zwanghaft sind oder Zwänge haben. Ich selber lebe auch minimalistisch, zum einen weil ich ständig Sachen wegen der Zwangsstörung wegwerfe oder nicht verwenden kann, zum anderen aus nachhaltigen Gründen (haha...wenn nicht das Wegwerfen wäre) und weil mich zuviel Zeug optisch wahnsinnig macht. Ich kann gar nicht so richtig auseinander halten, ob es an den Zwängen liegt oder ob ich es einfach nicht aushalte.

Also ich wollte als Kind schon immer auswandern damit ich meine Zwänge loswerde. Das blöde ist, dass es nicht klappt weil sie mich nach ein paar Wochen spätestens überall einholen.


Ich: wir sind da ein wenig seelenverwandt!! :)

Oder zwangsverwandt :)

Was Du geschrieben hast, könnte auch von mir sein. Ein Regal mit Deko? Geht nicht. Lieber ein stylisches kaltes Möbel ohne. Zu viele Klamotten? Bitte nicht! Weg damit! 6 Teller bei IKEA kaufen? Jedes einzelne im Licht anschauen! Alle von unten nehmen. Dann im Einkaufswagen auf die gelbe Tasche legen, weil der Wagen ja aus Metall ist. Dann an der Kassa selbst scannen, denn die blöde Kuh passt nicht auf. Dann jedes einzelne Teil in Papier wickeln. Dann in der U-Bahn die Leute mit bösem Blick anschauen, die zu nahe stehen und die Tasche berühren könnten, und, und,.und...

Immerhin ertragen ich meinen Schuhschrank mit 3mm Delle. Früher hätte ich den zurückgebracht. Ich mache also Fortschritte.

;-)
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