Das Leben Anderer nicht auf sich projezieren

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Jessi
Beiträge: 284
Registriert: Fr 22. Mai 2020, 19:55

Das Leben Anderer nicht auf sich projezieren

Beitrag von Jessi »

Hey!

Wie bereits vor Kurzem in einem anderen Thread erwähnt melde ich mich momentan weniger, da es mir eigentlich aktuell sehr gut geht. Zwischendurch kommen zwar immer mal wieder Zwangsgedanken hoch, der letzte hartnäckigere Gedanke war aber auch nach 3 4 Tagen wieder erträglich und ist dann schließlich wieder verschwunden. Genau in diesem Zeitraum hat mich eine Freundin jedoch getriggert, da sie aktuell Beziehungsprobleme hat.
Ich habe versucht es nicht zu nah an mich heranzulassen und habe es schließlich auch geschafft diese Gedanken wieder abzulegen.
Nun steht momentan eine Trennung in meinem Freundeskreis bevor. Ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll, da meine Zwänge sich immer um Themen wie Beziehungen drehen und ich mich dadurch komplett getriggert fühle. Ich bin momentan noch ziemlich gefasst und stolz auf mich, allerdings habe ich Angst, dass es mich doch plötzlich wieder in die Spirale zieht oder wir in unserem Freundeskreis stärkere Auswirkungen davon erleben.
Ich versuche dennoch für meine Freundin da zu sein, doch irgendwie belastet es mich durch die Zwänge halt auch.
Wie würdet ihr damit umgehen?
Mittlerweile habe ich gelernt, dass mich Dinge heute triggern aber in 2 Wochen schon wieder harmlos erscheinen können und das motiviert mich etwas.

LG Jessi
Jessi
Beiträge: 284
Registriert: Fr 22. Mai 2020, 19:55

Re: Das Leben Anderer nicht auf sich projezieren

Beitrag von Jessi »

Hallo nochmal in die Runde :)
Aktuell hat sich einiges bezüglich meiner Trigger getan. Mittlerweile ist ein Paar aus meinem Freundeskreis getrennt und das leider auf moralisch verwerflichem Wege (meiner Meinung nach). Da meine Zwänge sich Richtung ROCD bewegen triggert es mich enorm, da genau solche Situationen meine Horrorvorstellungen repräsentieren. Leider ist die Geschichte fast filmreif, weshalb ich mir auch öfter gesagt habe, dass solche Dinge super unrealistisch sind und demnach keinen Gedanken wert sind. Jetzt sind sie aber guten Freunden von uns passiert und daher bin ich innerlich sehr aufgewühlt. Natürlich auch weil es mich nicht kalt lässt und ich sehr empathisch bin, andererseits mache ich mir aber auch wieder Gedanken die völlig irrational sind und mich selbst betreffen. Eben typische Zwangsgedanken. Diese sind teilweise auch völlig zusammenhanglos. Dennoch bin ich noch relativ stabil, allerdings auch froh darüber mich austauschen zu können und warte sehnsüchtig auf meine nächste Therapiestunde. Ich kann dem ganzen Thema auch leider nicht so wirklich aus dem Weg gehen, da ich keinen von beiden Betroffenen im Regen stehen lassen möchte.
Ich kann leider nicht sehr detailliert meine Trigger beschreiben, bzw die konkrete Situation, da ich nichts Privates Anderer veröffentlichen möchte, auch wenn es anonym wäre.

Vielleicht kann mir ja jemand helfen mich davon zu distanzieren, denn ich weiß ja schließlich dass es nicht mein Leben ist und vor allem die beiden auch ein völlig anderes Leben geführt haben als ich es mir für mich und meinen Partner wünsche.

LG Jessi
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SHG
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Re: Das Leben Anderer nicht auf sich projezieren

Beitrag von SHG »

Sorry, dass ich erst jetzt nochmal hierauf zurückkomme, wo es vielleicht gar nicht mehr aktuell ist (ich habe jetzt auch die Beiträge nicht nochmal extra gelesen sondern schreibe, darüber, was mir damals beim/nach dem Lesen eingefallen ist) und ich halte mich auch eher allgemein zu Zwängen, weil ROCD nicht meine „Spezialität“ ist, aber ich meine es könnte schon auch hierfür relevant sein, was mir dazu eingefallen ist. Mich würde auch interessieren, wie es mit der Therapeutin dann gelaufen ist..

Das Eine ist zu lernen, die vermeintliche Gefahr bzw. das was man befürchtet besser abzuschätzen. Also, ist es tatsächlich so, dass die Beziehung gefährdet(er) ist, weil sich ein anderes Paar trennt. Oder: Wird sich mein/e Partner/in eher von mir trennen, weil ich ihm/ihr ein gutes Maß an Freiheit lasse..
Das ist das eine - und das gilt auch für andere Zwänge: Wie gefährlich ist eine Ansteckung mit tödlichen Keimen, ein Wohnungs-Schaden oder die Gefahr eines Brandes, wenn ich nicht nochmal kontrolliere..

Sich damit zu beschäftigen, das machen wir (und auch die Therapeuten) ja noch ganz gerne. Das ist ja meistens auch relativ beruhigend, weil die Antwort meist sein wird: Das ist übertriebene Angst und der Zwang und es wird schon (in Wirklichkeit) nichts passieren.
Und jetzt kommt aber was, das könnte wieder triggern und ich zögerte auch deswegen es gleich mal zu schreiben, weil ich nicht unvorbereitet verunsichern will und es muss auch natürlich niemand weiterlesen, dem/der es ohnehin gerade nicht gut geht.



Dieses eher kurzfristige Beruhigen, dabei soll es nicht bleiben. Nachhaltiger ist, meine ich schon auch sich damit zunehmend auseinander zu setzen, dass das was wir bezwängeln tatsächlich nicht ganz sicher ist. Eine Partnerschaft ist nun mal z.B. im Vergleich zu einer Verwandtschaft eine ungewissere Beziehung (und das kann ja auch das Schöne und Spannende daran sein). Tödliche Keime gibt es nun mal und die Übertragungswege sind nicht so ganz klar definierbar.
Und schließlich aber auch: Eine Zwangserkrankung ist nun mal eine Krankheit und kann damit unangenehme Auswirkungen auf unser Leben haben, wenn wir sie nicht entsprechen behandeln. Und womöglich gefährdet der Zwang genau das, was wir mit ihm versuchen unbedingt erhalten zu wollen.
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