Zwangserkrankung und "Messietum"

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Renny
Beiträge: 3
Registriert: Mi 9. Aug 2023, 08:27

Zwangserkrankung und "Messietum"

Beitrag von Renny »

Hallo,

im Rahmen meiner jahrzehntelangen, also chronifizierten, Zwangserkrankung bin ich zum "Messie" geworden. Ich bin eigentlich ein sehr ordentlicher Mensch mit perfektionistischen Ansprüchen an Ordnung und Sauberkeit. Ich empfinde das als absolute Qual. Weil es nie gut genug ist. Ich muss immer nachbessern und korrigieren. Dabei habe ich Zaehlzwaenge und Kontrollzwaenge. Ich bin schon lange an diesen Ansprüchen gescheitert. Ich schäme mich abgrundtief und kann keine Hilfe zulassen. Keiner, außer meiner Ärztin und einem ehemaligen Therapeuten weiß, wie es mir wirklich geht.
Irgendwie habe ich es geschafft, in einem sehr schwierigen Arbeitsbereich 33 Jahre zu arbeiten. Mein Leben ist allerdings dabei auf der Strecke geblieben. Meine Zwänge habe ich ganz gut zu verstecken und
zu verheimlichen gewusst. Auf der Arbeit konnte ich teilweise "kleinbeigeben", was ich im persönlichen Bereich trotz aller Therapien, Wissens und Versuchen ueberhaupt nicht kann.

Ich bin jetzt über 60 und es ist alles schlimmer geworden.
Nun soll ich einen Reha-Antrag stellen, der auch als Rentenantrag gelten kann.
Ich habe davor große Angst. Ich kann mir nicht vorstellen, mein Zuhause, meine "Burg/Festung" und gleichzeitig mein Gefängnis zu verlassen. Allein der Gedanke verursacht bei mir Panikattacken. Eine Reha soll ja zu einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit führen. Mittlerweile kann ich das bei mir
in keinster Weise mehr sehen. Ich habe jahrzehntelang schwerstkranke Menschen betreut. Ich schaffe es kaum noch, meinen eigenen Alltag zu bewältigen.

Kann mir jemand Tipps und Hinweise geben aufgrund einer ähnlichen Situation? Oder auch so mit Abstand aufgrund der Schilderungen?

Ich wäre jedenfalls sehr dankbar.
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michael_m
Beiträge: 613
Registriert: Di 17. Apr 2018, 20:01

Re: Zwangserkrankung und "Messietum"

Beitrag von michael_m »

Ich weiß, wie schwierig es sein kann. Mich hat letztes Jahr der Klinikaufenthalt auch viel Überwindung gekostet.
Aktuell bin ich wieder auf dem Stand, dass ich nicht erneut in eine Klinik kann..

Warst du mal bei der Rentenberatung? Bietet ja die Deutsche Rentenversicherung kostenfrei an.
Vielleicht können die dir da weiterhelfen, was du sonst tun könntest...
TeeCoffee
Beiträge: 89
Registriert: Di 12. Jul 2022, 01:56

Re: Zwangserkrankung und "Messietum"

Beitrag von TeeCoffee »

Hi Michael, welche Klinik hast du zuletzt probiert? Für welche Zwänge? und was ar gut oder nicht? Reines Interesse von Erfahrungen, falls du es schreiben magst.
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michael_m
Beiträge: 613
Registriert: Di 17. Apr 2018, 20:01

Re: Zwangserkrankung und "Messietum"

Beitrag von michael_m »

Ich war in der Klinik Windach für 3 Monate. War dort v. a. wegen der Kontrollzwänge. Hab dort aber u. a. gelernt, dass ich weit mehr Gedankenzwänge habe. Die Klinik war an sich gut, konnte auch Neues dazulernen. Die Umsetzung im Alltag ist aber schwierig. Mir wurde auch eine Intervalltherapie empfohlen: sprich, ein erneuter Aufenthalt.
Mein Fazit ist gemischt. Einerseits konnte ich eben Neues lernen und auch dort ein Flooding machen, andererseits ist es eben Klinik. Also ein ganz anderer Tagesablauf. Vieles fällt auch vom normalen Alltag in der Klinik weg. Es ist insofern eine "künstliche" Umgebung.

Aber: Ich würde im Zweifel jedem einen stationären Aufenthalt empfehlen, der am Überlegen ist. Man sollte es zumindest probieren, soweit es irgendwie möglich ist.
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